Willkommen im Ohrfeigenseminar“, begrüßt Henning Venske sein „routiniertes Kabarettpublikum“ im gut besuchten Bockshornkeller und rät ihm, das Lachen im Hals stecken zu lassen.
Oh, er ist ja so böse, so radikal, der ob seiner spitzen und präzisen Zunge meistgefeierte Satiriker Deutschlands. Und das Schlimme ist, dass er fast immer Recht hat! Der 1939 geborene Venske, der neben Werner Schneyder und Jochen Busse zu den Altmeistern des geschliffenen politischen Kabaretts gehört, hält seine Vorlesung in anarchistischer Staatsbürgerkunde vor aufmerksam lauschendem Publikum.
„Satire – gemein, aber nicht unhöflich“, überschreibt er seine Ausführungen. Äußerlich gelassen aber gnadenlos streitbar kommentiert der Grauhaarige – grauer Anzug, schwarzes Poloshirt – alles, was ihm am politischen und gesellschaftlichen System und den darin gefangenen Repräsentanten bitter aufstößt.
Sie alle sind unbeabsichtigt komisch. Der Satiriker dagegen treibt Komik mit Absicht auf die Spitze. Laut Tucholsky darf er auch das: eine Szene in den Raum stellen, in der der Türke mit erigiertem Zeigefinger vor Gericht beschwört: „Ich bin kein Ziegenficker“. Oder über den künftigen amerikanischen Präsidenten von einem „schlechten Orang-Utan-Imitat“, einem „Horrorclown mit einer Perücke aus Eigenhaar“ sprechen.
Der radikale Moralist schont niemanden, polarisiert und provoziert. Er seziert Politik, Banken, Kirche, Fernsehen, Atomindustrie und den deutschen Stammtisch – „Weltkulturerbe“ – samt Kaffeekränzchen im „Tortenmilieu“. In seinen Augen ist Heiko Maas ein „opportunistischer Nichtsnutz“, Horst Seehofer ein „Randlagen-Zombie“, Katrin Göring-Eckhardt eine „fromme Kriegstreiberin mit der Intelligenz eines Alpenveilchens“ und Angela Merkel eine „knubbelige Elfenparodie aus der Uckermark“.
Und bei Sahra Wagenknecht reicht es noch nicht mal zu einer Revolution. Warum also, stichelt Venske, bezahlen wir für so viel politische Inkompetenz? Doch trotz AfD, „Adolfs fiese Dumpfbacken“, die sich einbilden, mit eingeschränkter Denkkapazität Denkzettel verteilen zu können, sieht der Kabarettist die Zukunft für unser Land nicht ganz so schwarz. Solange Millionen von Menschen live die Hochzeit der Daniela Katzenberger am Bildschirm verfolgen und Armut Arbeitsplätze in Suppenküchen schafft, ist es noch lange nicht am Ende!