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Schweinfurt
Hingekritzelte Gedichte: Charles Brauer liest Gottfried Benn
Der Schauspieler kommt mit einem lyrisch-musikalischen Programm ins Schweinfurter Museum Georg Schäfer. Mit dem Dichter Gottfried Benn befasst er sich seit seiner Jugend.
Charles Brauer liest in Schweinfurt Gottfried Benn.
Foto: Ute Schendel | Charles Brauer liest in Schweinfurt Gottfried Benn.
Joachim Fildhaut
 |  aktualisiert: 09.03.2020 02:10 Uhr

Am Sonntag, 1. März, lesen die Schauspieler Charles Brauer und Gerd Heinz Texte von Gottfried Benn im Schweinfurter Museum Georg Schäfer. Der Büchner-Preisträger Benn gehörte mit zu den Erfindern des literarischen Expressionismus und stieg trotz seiner anfänglichen Sympathien für die NSDAP im Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem der anerkanntesten Dichter in der jungen Bundesrepublik auf. Charles Brauer wurde 1935 in Berlin geboren, wo er an der Max-Reinhardt-Schule ausgebildet wurde. Am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg gehörte er zwei Jahrzehnte lang fest zum Ensemble. Er trat schon früh und oft in Film und Fernsehen auf, am prominentesten wohl als Hamburger Kommissar an der Seite von Manfred Krug in der Reihe "Tatort". Charles Brauer wohnt seit rund 30 Jahren in einem Dorf bei Basel.

FRAGE: Was ist das Besondere an den Texten Gottfried Benns für Sie?

Charles Brauer: Mit 17 Jahren im Berlin der frühen 1950er Jahre habe ich zum ersten Mal Gedichte von ihm gelesen und bin seitdem immer sehr nah dran an diesem Mann geblieben. Bei seinem expressionistischen Frühwerk weiß man natürlich, was das literaturhistorisch bedeutet. Aber mich haben damals schon vor allem die Werke aus den letzten eineinhalb Jahrzehnten vor seinem Tod 1956 sehr berührt, zum Beispiel Gedichte wie "Melancholie" und "Blaue Stunde".

In seiner Spätphase liegt ein Schwerpunkt auf Gedankenlyrik, oder?

Brauer: Das ist ein Teil seines Spätwerks, aber es gibt auch dieses Prinzip "hingeblinzelt – hingekritzelt", wo er mit ungeheurem sprachlichem Raffinement so tut, als wären seine Texte rasch mal so hingeschrieben.

Schon in Ihrem Hörbuch zu Benns 50. Todestag 2006 rezitierten Sie vor allem späte Gedichte. Hat sich an diesem Repertoire etwas geändert?

Brauer: In Schweinfurt führen wir im ersten Teil gewissermaßen diese CD originalgetreu auf. Das Hörbuch ist aber nicht lang genug für eine ganze Matinee. Ich wollte einen zweiten Teil aber ungern alleine bestreiten. Deswegen habe ich meinen Freund, den guten Theatermann, Schauspieler und Regisseur Gerd Heinz gebeten, mit mir zusammen Prosa und Stellen aus Briefen zu lesen.

Was erwartet den Hörer da?

Brauer: Vor drei, vier Jahren ist ja der Briefwechsel Benns mit Friedrich Wilhelm Oelze erstmals komplett erschienen, auch mit den Briefen von Oelze. In diesen vier dicken Bänden kann man immer wieder etwas Neues entdecken.

Zwei der drei Instrumentalbegleiter der CD sind mit auf Tournee. Verstehen Sie sich als ein Ensemble?

Brauer: Hier muss ich leider eine traurige Korrektur zu den Vorankündigungen machen. Der Flötist des Pro Arte Trios, Willy Freivogel, ist vor drei Wochen gestorben. Der Klarinettist Rainer Schuhmacher wird eine Musikerin von der Staatsoper Stuttgart mit nach Schweinfurt bringen. Und der Gitarrist Siggi Schwab ist nach mehreren Jahrzehnten aus privaten und Altersgründen ausgestiegen. An seiner Stelle spielt jetzt Stefan Koch-Roos. Das Ensemble ist also zu zwei Dritteln neu.

Wie oft schickt die Benn-Gesellschaft Sie auf Tour?

Brauer: Mit dem Benn-Programm treten das Pro Arte Trio und ich vielleicht einmal im Jahr auf. Wir haben das schon vor dem Kontakt zur Benn-Gesellschaft extrem selten aufgeführt, weil die meisten Veranstalter fürchten, ein Lyrik-Abend könne die Gage nicht wieder einspielen, weil das zu wenig Leute interessiert. Dabei hat sich unsere Benn-CD ganz gut verkauft. Nur, insgesamt kannst du mit dem Genre Gedicht keinen Blumentopf gewinnen.

Wie kam es dann überhaupt zu Eurem Benn-Programm?

Ursprünglich sind die Musiker an mich herangetreten und haben gefragt, ob ich mit ihnen eine Krimi-Lesung erarbeite. Das war noch zu der Zeit, als ich beim Hamburger "Tatort" spielte, es muss so Anfang der 1990er gewesen sein. Da hab ich gesagt: Ich bin dabei, aber ich will auch einen Gottfried-Benn-Abend machen!

Charles Brauer und Gerd Heinz lesen auf Einladung der Gottfried-Benn-Gesellschaft Texte von Gottfried Benn, das Pro Arte Trio spielt Neu-Arrangements von Robert Schumann bis Duke Ellington. Museum Georg Schäfer, Schweinfurt, So., 1. März. Beginn ist 11 Uhr, Kartenvorverkauf bei der Buchhandlung Collibri.

 
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