Am Sonntag, 1. März, lesen die Schauspieler Charles Brauer und Gerd Heinz Texte von Gottfried Benn im Schweinfurter Museum Georg Schäfer. Der Büchner-Preisträger Benn gehörte mit zu den Erfindern des literarischen Expressionismus und stieg trotz seiner anfänglichen Sympathien für die NSDAP im Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem der anerkanntesten Dichter in der jungen Bundesrepublik auf. Charles Brauer wurde 1935 in Berlin geboren, wo er an der Max-Reinhardt-Schule ausgebildet wurde. Am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg gehörte er zwei Jahrzehnte lang fest zum Ensemble. Er trat schon früh und oft in Film und Fernsehen auf, am prominentesten wohl als Hamburger Kommissar an der Seite von Manfred Krug in der Reihe "Tatort". Charles Brauer wohnt seit rund 30 Jahren in einem Dorf bei Basel.
Charles Brauer: Mit 17 Jahren im Berlin der frühen 1950er Jahre habe ich zum ersten Mal Gedichte von ihm gelesen und bin seitdem immer sehr nah dran an diesem Mann geblieben. Bei seinem expressionistischen Frühwerk weiß man natürlich, was das literaturhistorisch bedeutet. Aber mich haben damals schon vor allem die Werke aus den letzten eineinhalb Jahrzehnten vor seinem Tod 1956 sehr berührt, zum Beispiel Gedichte wie "Melancholie" und "Blaue Stunde".
Brauer: Das ist ein Teil seines Spätwerks, aber es gibt auch dieses Prinzip "hingeblinzelt – hingekritzelt", wo er mit ungeheurem sprachlichem Raffinement so tut, als wären seine Texte rasch mal so hingeschrieben.
Brauer: In Schweinfurt führen wir im ersten Teil gewissermaßen diese CD originalgetreu auf. Das Hörbuch ist aber nicht lang genug für eine ganze Matinee. Ich wollte einen zweiten Teil aber ungern alleine bestreiten. Deswegen habe ich meinen Freund, den guten Theatermann, Schauspieler und Regisseur Gerd Heinz gebeten, mit mir zusammen Prosa und Stellen aus Briefen zu lesen.
Brauer: Vor drei, vier Jahren ist ja der Briefwechsel Benns mit Friedrich Wilhelm Oelze erstmals komplett erschienen, auch mit den Briefen von Oelze. In diesen vier dicken Bänden kann man immer wieder etwas Neues entdecken.
Brauer: Hier muss ich leider eine traurige Korrektur zu den Vorankündigungen machen. Der Flötist des Pro Arte Trios, Willy Freivogel, ist vor drei Wochen gestorben. Der Klarinettist Rainer Schuhmacher wird eine Musikerin von der Staatsoper Stuttgart mit nach Schweinfurt bringen. Und der Gitarrist Siggi Schwab ist nach mehreren Jahrzehnten aus privaten und Altersgründen ausgestiegen. An seiner Stelle spielt jetzt Stefan Koch-Roos. Das Ensemble ist also zu zwei Dritteln neu.
Brauer: Mit dem Benn-Programm treten das Pro Arte Trio und ich vielleicht einmal im Jahr auf. Wir haben das schon vor dem Kontakt zur Benn-Gesellschaft extrem selten aufgeführt, weil die meisten Veranstalter fürchten, ein Lyrik-Abend könne die Gage nicht wieder einspielen, weil das zu wenig Leute interessiert. Dabei hat sich unsere Benn-CD ganz gut verkauft. Nur, insgesamt kannst du mit dem Genre Gedicht keinen Blumentopf gewinnen.
Ursprünglich sind die Musiker an mich herangetreten und haben gefragt, ob ich mit ihnen eine Krimi-Lesung erarbeite. Das war noch zu der Zeit, als ich beim Hamburger "Tatort" spielte, es muss so Anfang der 1990er gewesen sein. Da hab ich gesagt: Ich bin dabei, aber ich will auch einen Gottfried-Benn-Abend machen!
Charles Brauer und Gerd Heinz lesen auf Einladung der Gottfried-Benn-Gesellschaft Texte von Gottfried Benn, das Pro Arte Trio spielt Neu-Arrangements von Robert Schumann bis Duke Ellington. Museum Georg Schäfer, Schweinfurt, So., 1. März. Beginn ist 11 Uhr, Kartenvorverkauf bei der Buchhandlung Collibri.