Mal wieder Würzburg. Ausgerechnet an dem Freitagabend das Jahres, an dem halb Bayern telemedial nach Veitshöchheim guckt. An dem alle, die lachen und lästern oder anderen dabei zusehen wollen, sich mit Nüsschen und Schnäpschen vor den Bildschirm hocken, wenn sie schon nicht live dabei sein können bei der der „Fastnacht in Franken“. Und was macht Erwin Pelzig? Füllt an eben diesem Kultsendungsabend in seiner Heimatstadt das Mainfranken Theater samt letztem Stehplatz.
Seit ziemlich genau einem Jahr ist Frank-Markus Barwasser mit seinem Bühnenprogramm „Weg von hier“ nun unterwegs. Und zum Glück kommt er trotz des Titels doch immer mal wieder in seine alte Heimat. Auch wenn er, sagt Pelzig zumindest, das jammern satt hat. Auch wenn er, gepeinigt von Weltgeschehen und Informationstsunami, am liebsten daheim bleiben würde . . . .
Aber es gibt halt doch auch im Jahr 2018 für einen Erwin Pelzig noch ein bisschen zu hoffen. Dass, wenn schon in dieser deprimierenden und immer komplexer werdenden Zeit die große Aufklärung ein Traum bleibt, wenigstens ein paar Wahrheitsschnipsel ans Publikum zu bringen sind. Und es müssen ein auch im „bostfaggdischen“ Zeitalter, in einer Zeit, in der es gefühlt und faktisch fast nur noch um Emotionen geht, ein paar Wahrheiten – wenigstens schnipselweise – ausgesprochen werden. Ja, angesprochen, nicht nur angedeutet. Ein Erwin Pelzig, der sich's auch lieber daheim mit einem Glas Wasser bequem machen würde um auf ARD-alpha die Nachrichten von vor 25 Jahren zu gucken, tourt durchs Land, weil es noch was zu sagen gibt. Zu erklären. „Ich hab' nichts gegen Gefühle. Ich hatte neulich mal selber mal eins. Aber ganz ohne Fakten geht es nicht.“
Und, meint der Cordhut-Herrenhandtaschenträger, „vielleicht brauchen sie etwas Trost und Zuspruch“. Ja, den kann dieser Scharfdenker und Schnellsprecher geben. All denen, die nicht Fortschrittsverweigerer sein wollen, aber sich als „digitaler Einwanderer mit analogem Migrationshintergrund“ unwohl unwissend im Big-Data-Zeitalter fühlen. Und in der Welt der sozialen Netzwerke, die mit ihrer Heuchelei, ihrer Nachrichtenflut, ihrem ewigen ihrem „Informationsdreck“ für Pelzig nichts anderes als „die unglückliche Kombination aus Denkfaulheit, Rechtschreibschwäche und Internetanschluss“ sind. „Wer Information für Wissen hält, glaubt auch, dass man After-Eight nicht vor 20 Uhr essen darf.“
Natürlich geht es an diesem Abend in der „Filterblase Kabarett“ auch um Aktuelles. Um Berliner Politik („Jamaika, diese Name was viel zu lebensbejahend für so ein Bündnis“) und Donald Trump („Ich schätze es nicht, wenn es mir der Gegner zu einfach macht“) oder geschlechtergerechte Sprache („Muss man wirklich beleidigt sein, wenn jemand nur Zapfhahn sagt und die Zapfhenne weglässt?“).
Erwin Pelzig, dieser kleine Mann auf der großen Bühne, bei dem immer nur das Hemd kleinkariert ist, sucht in der Welt der Gier und Verkommenheit noch immer die Vernunft, „auch wenn man vorher das Bernsteinzimmer findet“. Es bleibe wohl nur die Wahl, verrückt zu werden oder religiös, ist Pelzigs Fazit nach zweieinhalb Stunden vor dankbarem, beglücktem Publikum. Aber was machst Du, wenn Du für beides kein Talent hast?“