Heide Keller, 1939 in Düsseldorf geboren, ist seit 36 Jahren bei der ZDF-Reihe „Traumschiff“ dabei, die der Fernsehproduzent Wolfgang Rademann (1934 bis 2016) 1981 aus der Taufe hob. Keller spielt – zum letzten Mal am Neujahrstag – Chefstewardess Beatrice.
Frage: Frau Keller, bei dem Wetter vermissen Sie das Traumschiff vermutlich sehr, oder?
Heide Keller: Nein.
Nicht?
Keller: Nein, um die Zeit war ich aber auch selten auf dem Schiff. Ich denke mal, ich werde es vermissen, wenn der Januar arg lang wird und ich dann nicht wegfliege. Aber bis jetzt habe ich es nicht vermisst.
Am Neujahrstag läuft die letzte „Traumschiff“-Folge mit Ihnen als Chef-Stewardess Beatrice. Der Dreh liegt schon eine Weile zurück Wie nahe ist Ihnen der Abschied gegangen?
Keller: Das ist mir natürlich nahe gegangen, weil ich ja eine lange Zeit meines Lebens mit den Menschen und dem Produkt verbracht habe. Aber ich hatte das große Glück, dass ich den Zeitpunkt bestimmen und mich darauf vorbereiten konnte – der Abschied hat mich ja nicht überrascht. Ich hatte das lange überlegt und vor seinem Tod auch mit Wolfgang Rademann, darüber sprechen können, der allerdings gesagt hat: „Ah, da warten wir doch noch mal.
" Er hätte vielleicht noch etwas dagegen gesagt. Aber so hatte ich die Chance, selbst zu entscheiden, und ich durfte auch mitbestimmen, wie es dann laufen sollte.
Sie haben auch vorher schon bei „Traumschiff“-Drehbüchern mitgewirkt. Wie viele waren es?
Keller: Ich habe Wolfgang Rademann gelegentlich, ohne dass das groß aufgefallen ist, Texte geschickt. Er meinte, ich könnte gut Dialoge schreiben. Das wurden mit den Jahren immer mehr Geschichten und ich habe unter Pseudonym an den Drehbüchern mitgeschrieben. Aber wie viele das genau waren, das weiß ich nicht.
Warum war es Ihnen wichtig mitzubestimmen, was in der Abschiedsfolge mit Beatrice passiert?
Keller: Ich wollte nicht, so wie das Traumschiff-üblich gewesen wäre, einen netten alten Herren zum Gatten bekommen und dann als Ehefrau von Bord gehen. Das hätte mir nicht gefallen.
Was war denn die allerletzte Szene, die Sie gedreht haben?
Keller: Das war eine ganz normale Szene oben auf der Brücke.
War der Abschied dadurch leichter, dass die letzte Szene eigentlich nichts Besonderes war?
Keller: Ich habe gedacht, dass es mir leichter fallen würde, aber als dann nahezu die gesamte Besatzung des Schiffs und sämtliche Leute vom Team auf der Brücke standen, um mich abzuklatschen – so nennt man das beim Film, wenn ein Schauspieler seine letzte Szene hat – die haben einfach nicht aufgehört, ich wurde immer wieder zurückgeklatscht. Das hat mich berührt – die Zuneigung und die Liebe, die mir da entgegenkam.
Ihre Kollegen sind Ihnen in all den Jahren ja sehr ans Herz gewachsen. Haben Sie noch Kontakt?
Keller: Ja, natürlich. Wir telefonieren, wir simsen – mehr kann ich leider nicht, dafür bin ich zu dumm (lacht). Bei E-Mails habe ich schon Probleme, weil ich die Technik nicht verstehe und auch nicht verstehen will. Manche wohnen in der Nähe, da trifft man sich auch mal. Freundschaften sind auf die Entfernung natürlich ein bisschen anders zu handhaben, aber Freund ist Freund. Wenn man richtige Freunde mal ein paar Wochen nicht sieht und sich dann wieder trifft, ist es trotzdem wie immer. Das macht Freundschaft ja aus.
Das „Traumschiff“ hat verlässlich gute Quoten. Wie erklären Sie sich den Erfolg?
Keller: Für mich liegt der Erfolg in der Person, in der Seele von Wolfgang Rademann. Viele haben ja versucht, etwas Ähnliches zu machen. Manches davon war auch richtig gut. Ich habe mir manchmal „Das Traumhotel“ angeschaut, das hat mir gefallen. Aber es hat nicht denselben Erfolg wie das „Traumschiff“ gehabt, da fehlte etwas. Ich behaupte, es war das Herz von Wolfgang Rademann, die dieses Produkt so geprägt hat.
Und Kreuzfahrten faszinieren die Menschen einfach nach wie vor, oder?
Sie sind mit „Traumschiff“ richtig rumgekommen. Welche Länder fehlen Ihnen denn noch?
Keller: Ich wüsste im Moment nichts, das mir fehlt. Doch, Korea, glaube ich.
Wo hat es Ihnen am besten gefallen?
Keller: Das kann ich gar nicht sagen. Immer, wenn ich von einer Reise zurückkam, habe ich gedacht: „Da möchte ich noch mal hin!“ Als ich zum Beispiel zum ersten Mal in Brasilien war, wollte ich da gar nicht mehr weg – weil ich dieses lebendige, bunte und fröhliche Land mit seinen Menschen als so wunderbar erlebt habe. Ich bin oft mehrmals an solchen schönen Orten gewesen. Aber wenn ich sagen würde, dass einer davon der allerschönste war, würde ich der Welt unrecht tun (lacht).
Gab es auf Ihren Reisen Situationen, die Ihnen zum Beispiel als besonders gefährlich in Erinnerung geblieben sind?
Keller: Nein, wir waren sozusagen immer beglückt. Aber ich habe auch hohen Seegang nie als gefährlich empfunden. Ich habe mich einfach rundum wohlgefühlt. Natürlich sind zum Beispiel Dinge passiert, über die wir furchtbar gelacht haben, aber das ist Tratsch – und das kriegen Sie von mir nicht.
Nach all den Kreuzfahrten, reisen Sie da privat lieber einfach? Gehen Sie vielleicht wandern?
Keller: Wandern ist nicht meine Welt. Ich bin früher oft von München nach Italien gefahren, da hatten wir ein Haus im Allgäu, da bin ich dann ausgestiegen und habe mich eine Stunde in die Wiese gelegt, wenn gerade Frühling war. Im Sommer bin ich gern an der nordholländischen Küste, Bergen aan Zee ist für mich so ein Ort, an dem ich wirklich ankomme. Dort war ich schon ganz oft und habe das Meer genossen. Ich bin auch sehr gern in Südfrankreich. Und in Italien – da besuche ich dann auch gern Städte. Wenn ich zum Beispiel lange nicht in Venedig war, habe ich regelrecht Entzugserscheinungen.
Können Sie sich vorstellen, privat auf Kreuzfahrt zu gehen?
Keller: Ich kann mir das durchaus vorstellen, aber nicht im Moment. Jetzt würde ich immer alles vergleichen und wahrscheinlich fragen, wo denn meine Kollegen sind (lacht).
Für die „Traumschiff“-Zuschauer geht eine Ära zu Ende, wenn Chef-Stewardess Beatrice nach 36 Dienstjahren von Bord geht . . .
Keller: Harald Schmidt hat gesagt, dass ein Stück Fernsehgeschichte zu Ende geht (lacht). Das sehe ich nicht so. Ich habe diese Arbeit sehr gern gemacht und sehr viel Schönes erlebt. Ich habe große Schauspieler kommen und gehen sehen, ich habe viele Veränderungen erlebt. Jede Folge ist ja ein bisschen anders, mit jedem Menschen, der aufs Schiff kam, hat sich etwas verändert. Ich bin dankbar für die wunderbare Zeit. Und ich bin froh, dass ich mich verabschiedet habe, solange ich noch mit Stöckelschuhen die Gangway runtergehen kann!