Für einen Moment hebt sie die Augenbraue und wundert sich über „das leiseste Publikum auf der ganzen Tour“. Da steht Suzanne Vega, gerade 55 Jahre alt geworden, auf der Bühne in der Würzburger Posthalle und frotzelt ein wenig über die Regungen ihrer Zuhörerschaft. Sie hat gerade ein Liebeslied angekündigt, das sie einst mit 18 Jahren angesichts der Romanze mit einem Liverpooler schrieb. Und die gut 500 Hafensommer-Besucher hören – ihr offenbar zu ruhig – einfach zu. Doch aufmerksam durchaus. Andächtig eben.
Ja, richtig, Hafensommer-Besucher. Die Organisatoren des Würzburger Musikfestivals hatten dem Wetter nicht getraut, dafür den Unwetterprognosen. Und so beschlossen sie – an ein völlig durchnässtes und stürmisches Jane-Birkin-Konzert im vergangene Jahr sich erinnernd – schon früh am Dienstag, in die Ausweichspielstätte Posthalle umzuziehen. Zum dritten Mal erst in der Festivalgeschichte, im Jahre 2009 hatte man zwei Mal vom Main ins trockene Drinnen weichen müssen.
Suzanne Vega scheint's egal. Unprätentiös, freundlich, gut aufgelegt und routiniert bereitet die Frau mit der Stimme, die man auf ewig mit „Luka“ und „Tom's Diner“ verbindet, den 500 einen schönen Abend. Er beginnt nicht sonderlich gut gemischt und klanglich klebrig-süß mit „Caramel“ und „Marlene on the wall“ – und wird zur erhofften, erwarteten, gewohnten Session mit vielen der älteren und alten Songs. Und: mit einigen Perlen ihrer neuen Platte. Es sind die bewegtesten, lautesten, launigsten Momente des Abends. Seit Anfang der 80er Jahre schreibt Suzanne Vega Songs. Weil sie Geschichten liebt und sie erzählt – mit eingängigen Melodien, hintergründigen Texten. Anfang des Jahres ist ihr neues, achtes Studioalbum erschienen. Der Titel ist lang und mysteriös: „Tales From The Realm Of The Queen Of Pentacles“. Der Inhalt überraschend: Die New Yorkerin mit dieser besonderen, distanziert-markanten, immer noch mädchenhaften Stimme präsentiert sich in ihren neuen Liedern frisch, folkig, rockig fast.
Anders als 2011, als sie bei ihrem ersten Konzert auf der Würzburger Hafensommer-Bühne allein den kongenialen, Klänge ergründenden Gitarristen Gerry Leonard an ihrer Seite hatte, ist Suzanne Vega jetzt mit einem Schlagzeuger als drittem Mann unterwegs. Und Drummer Doug Yowell tut dem Auftritt gut, treibt voran, sorgt dafür, dass die Klangteppiche nicht zu dicht und schwer werden. So driften die vier, fünf „Geschichten aus dem Reich der Königin der Pentagramme“ nicht in mystische Welten ab . . . sondern machen einfach tiefenentspannt gute Laune.
Das „leiseste Publikum der Tour“ dankt es mit Fingerschnippen, Kniewippen und kräftig Applaus. Und ja, „Luka“ und „Rosemary“ und „Tom's Diner“ (in der Remix-Hit-Version) singt und spielt die Frau in Schwarz, die abwechselnd mit und ohne Gitarre, mit und ohne Zylinder am Mikro steht, auch noch an diesem Abend. Hut ab. Und dass es draußen vor der Halle immer noch nicht regnet: egal.