Ein gelb blinkendes Objekt aus Baustellenlampen, das an eine Riesenkrake denken lässt, begrüßt den Besucher im Foyer der Schweinfurter Kunsthalle. Biegt man um die Ecke, steht man vor einer surrealen, pinkfarbenen und überdimensionalen Hasenmarionette mit Loch im Bauch: Zwei Exponate der „Triennale IV“, die bis zum 4. November unter dem Motto „RaumZustände – Bildhauerei heute“ den Fokus auf das skulpturale Schaffen in den drei fränkischen Regierungsbezirken richtet.
16 Künstler mit Frankenbezug geben mit einer Vielzahl an überwiegend eigens für die Triennale angefertigten Objekten einen Einblick in die Möglichkeiten aktueller Bildhauerei. Kuratorin Barbara Kahle, Dozentin am Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Universität Bamberg, spricht von der Grenzenlosigkeit, die Bildhauer heute nutzen: Alle ästhetischen Formen im dreidimensionalen Raum sind möglich. Raum, Farbe und Licht sind das Credo, die Haptik essenziell. Die traditionellen Formen seien gesprengt, man arbeite mit unterschiedlichsten Materialien und Kombinationen, setze auf Körperlichkeit und Beständigkeit der Skulptur.
Ein Plastik-Draht-Holz-Hase als Symbol fürs Marionettendasein des Menschen
Eine spannende, fantasieanregende Reise: Nicht nur das Baustellen-Ungeheuer von Caspar Hüter und der Plastik-Draht-Holz-Hase von Kerstin Himmler, Symbol fürs Marionettendasein des Menschen, ziehen die Blicke an. Eine Rauminstallation von Jan Polacek mit schemenhaft schwebenden Körpern und zusammengeballten Kleiderbündeln bewegt sich im Spannungsfeld von Profit und Flüchtlingsproblematik.
Berit Holzners amorphe Figuren aus Zellstoff, Paraffin, Aquarellfarben, Folien, Stoff, Latex und Transparentpapier wirken prall und sinnlich. Die lebensecht wirkenden Terrakottamenschen von Rainer Kurka verströmen Zärtlichkeit und gemahnen zu vorsichtiger Betrachtung aus Distanz.
Totemähnliche Skulptur aus Pappelholz, mit der Motorsäge geschaffen
Notburga Karl setzt einen zerstückelten Körper aus Ton, Stoff und Eisen einem Spiegel als Kontrollinstrument aus. Filigrane Fragilität bei den „Wooden Ghosts“ von Ulla Reiter; ihre schwarzen Schaumstofffiguren hingegen erinnern an Moriskentänzer. Direkt unter Markus Schmitts von der Decke baumelndes Holzschindelobjekt „Flut“ wagt sich niemand im Wissen, dass es mehr als 160 Kilogramm wiegt.
Mit der Kettensäge hat Christian Rösner eine hoch aufragende totemähnliche Skulptur aus Pappelholz geschaffen, kontrastiert durch kleine Bronzearbeiten. In ihrer Luftigkeit erinnern die Installationen von Anna Handick an eine Libelle oder ein Spinnennetz – sie beschäftigt sich, so Barbara Kahle in ihrer Künstlerpräsentation, mit dem Faszinosum Natur.
Nicht nur die Große Halle lädt zum Erforschen, Staunen und Diskutieren
Schmunzeln wird der Schweinfurter angesichts der 1000 aus rosa Papier gefalteten Steine, aus denen Annette Voigt ihre „Schweinfurter Zelle“ errichtet hat, wird doch das ähnlichfarbige, direkt neben der Kunsthalle liegende Gefängnis hier liebevoll „Villa Rosa“ genannt.
Egal, ob Klaus Hacks graziler Holzturm „Babel“ oder seine Wandobjekte im Stil maghrebinischer Speicherburgen, ob Selcuk Dizleks zauberhaft buntes Lichtwölkchen im abgedunkelten Raum oder Dierk Berthels weit in den Raum ragende Baukunstobjekte aus Stahl, Younghun Lees füllige Bauschauminstallationen oder Johannes Hepps ausgesprochen witzige Figurenobjekte: Nicht nur die Große Halle lädt zum Erforschen, Staunen und Diskutieren ein. Ebenso sehenswert sind die zahlreichen in die Ständige Ausstellung der Kunsthalle integrierten und in den Räumen des Kunstvereins gezeigten Exponate namhafter weiterer Bildhauer.
„Triennale IV – RaumZustände“ Kunsthalle Schweinfurt, geöffnet
Dienstag bis Sonntag 10-17 Uhr, Donnerstag bis 21 Uhr, bis 4. November. Weitere Informationen zu parallelen Schauplätzen (Kloster Wechterswinkel, Holzbildhauerschule Bischofsheim, Künstlerdorf Langenleiten) und Rahmenprogramm: www.triennale-franken.de