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ASCHAFFENBURG
Götter - die menschlichen Übermenschlichen
Die Unsterblichen: Griechenlands Götter sehen nicht nur aus wie – freilich besonders schön geratene – Menschen, sie verhalten sich auch so. Eine Ausstellung im Aschaffenburger Pompejanum führt das vor Augen.
Martina Häring
 |  aktualisiert: 26.04.2023 21:59 Uhr

Wenn man sich an einem Sommertag dem Pompejanum durch den umliegenden Park nähert, ist die Täuschung nahezu perfekt: Spektakulär über dem Hochufer des Mains gelegen, umgeben von Weinbergen, Feigen- und Mandelbäumen, fühlt man sich von der römischen Villa, die Ludwig I. von Bayern nach dem Vorbild pompejanischer Ausgrabungen errichten ließ, in eine andere Zeit versetzt. Man möchte sich eine Tunika überwerfen, in Sandalen durchs Atrium schreiten, um dann auf einer Liege niederzusinken und ein Becherchen Wein zu trinken. Nicht „wie Gott in Frankreich“, sondern „wie die Götter im Olymp“ müsste es dann allerdings heißen. Wer diese Götter waren und welche Rolle sie im Leben der Menschen der Antike spielten, zeigt das Aschaffenburger Museum in der Sonderausstellung „Die Unsterblichen – Götter Griechenlands“.

Familie ist ein gutes Stichwort, wenn es um die Götter der Griechen geht. Bei über 6000 Kindern, die allein der Gott Okeanos gehabt haben soll, scheint es allerdings unmöglich, in diesem Stammbaum den Durchblick zu bekommen. Sogar Hesiod, neben Homer einer der beiden großen Götterexperten des alten Griechenlands, gab zu, nicht alle zu kennen. Und er entschuldigte sich, dass er in seinem Götterbuch, der „Theogonie“, nur 66 Okeanos-Kinder aufzählte. Interessanterweise haben die Götterbilder der Griechen nicht Propheten oder Priester geformt, sondern Dichter. Hesiods Buch, das genauso wenig wie Homers Ilias oder andere antike mythologische Werke eine heilige Schrift ist oder Glaubenssätze formuliert, beschreibt vor allem die Entstehung der Götterwelt. Denn, und das ist auch wieder so eine Eigenheit dieser Religion: Die Götter sind nicht schon immer da gewesen, sondern sie mussten erst geboren werden und – meist gewaltsam – an die Macht kommen.

Wirklich wichtig, und das ist denn auch eine der Botschaften der Ausstellung, waren aber nur eine Handvoll Götter. Mit den Bewohnern des Olymps rund um Götter- und Menschenvater Zeus fand die ganze Götter-Entstehungsgeschichte ihren End- und Höhepunkt. Diese große göttliche Patchworkfamilie, wie der Ausstellungskatalog sie treffend nennt, bildete den Mittelpunkt der antiken Mythologie. Doch welche Rolle spielten die Götter im Leben der Menschen? Wie muss man sich Religionsausübung im alten Griechenland vorstellen?

Dass Zeus und Hera, Athene und Dionysos, Demeter und Apollon nicht nur im Tempel verehrt wurden, sondern auch im Alltag allgegenwärtig waren, zeigen die überwiegend kleinformatigen Exponate: Statuetten, Vasen, Schmuck, Alltags- und Kultgegenstände. Und diese Dinge machen auch deutlich: Die Götter sehen nicht nur aus wie – freilich besonders schön geratene – Menschen, sondern sie verhalten sich auch so. Sie intrigieren und streiten, lügen und stehlen, sind eifersüchtig und begehen Ehebruch. Kurz: Sie sind nicht gerade moralische Vorbilder. Hermes, der Götterbote, stiehlt, kaum dass er das Licht der Welt erblickt hat, gleich einmal 50 Kühe. Und als man ihn zur Rede stellt, streitet er nicht nur alles ab, sondern wird auch noch frech. Kein Wunder, dass Platon eine Zensur der Göttergeschichten forderte, aus Angst, diese Untaten könnten die Jugend verderben.

Hesiod sah die Götter dennoch als „Geber des Guten“. Und so viel sich Zeus und seine Gattin Hera auch streiten, so schelmisch sich die Götter auch benehmen und so martialisch sie ihren Machtanspruch durchsetzen, so wenig bürgerlich sich die olympische Familie auch zusammensetzt, steht sie doch für ein gutes Ende, für Stabilität und für Gerechtigkeit.

Dass die Götter Schandtaten bestrafen und den Menschen in der Not helfen, ist Gegenstand vieler Darstellungen. Eine Trinkschale zeigt, wie der Rachegott Apoll den Sünder Tityos bestraft. Eros sollte in Form von Goldohrringen seiner Trägerin eine erotische Ausstrahlung verleihen. Mittels Schweinen aus Terrakotta versuchte man, die Götter dem eigenen Viehbestand gegenüber günstig zu stimmen. Und mit Nachbildungen von Körperteilen formulierte man die Bitte um Heilung von einer Krankheit oder drückte seinen Dank für die bereits erfolgte Genesung aus.

Denn über solche Kräfte verfügen die Götter, auch wenn sie keinesfalls allmächtig oder allwissend sind. Von den Menschen unterscheiden sie sich aber vor allem durch einen wesentlichen Punkt: ihre Unsterblichkeit. Noch bis zum 12. Oktober ist die Sonderausstellung aus der Staatlichen Antikensammlung und Glyptothek München im Aschaffenburger Pompejanum zu sehen.

Das Pompejanum ist täglich außer Montag von 9 bis 18 Uhr geöffnet, jeden Sonntag um 16 Uhr gibt es eine offene Führung. Weitere Infos: www.antike-am-koenigsplatz.mwn.de

Oben Jagdgöttin Artemis (Ölgefäß aus Ton, um 470 vor Christus), links Liebesgöttin Aphrodite (Terrakotta, 3. Jahrhundert v. Chr.), im Text Göttervater Zeus (Bronzestatuette, 69 n. Chr.).
Foto: Staatl. Antikensammlungen undGlyptothek München, REnate Kühling | Oben Jagdgöttin Artemis (Ölgefäß aus Ton, um 470 vor Christus), links Liebesgöttin Aphrodite (Terrakotta, 3. Jahrhundert v. Chr.), im Text Göttervater Zeus (Bronzestatuette, 69 n. Chr.).
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