Ein unerwartet neuer Aspekt des Spielzeitmottos „Familienbande“ am Mainfranken Theater Würzburg rückte beim gut besuchten 1. Sinfoniekonzert im Großen Saal der Würzburger Musikhochschule in den Fokus. Hochgesteckt waren die Erwartungen, denn die selten gespielte Ouvertüre von „Sonnenflammen“, einer Oper von Siegfried Wagner, wurde reizvoll dem Orchesterstück „Siegfried-Idyll“ von Übervater Richard Wagner gegenübergestellt. 1870 hatte es der Patriarch zu Cosimas 33. Geburtstag geschrieben und zugleich nachträglich die Geburt des gemeinsamen Sohnes gefeiert.
Während die zauberhaft schillernde Ouvertüre wie ein unbeschwertes Zeugnis zum Ausklang der Spätromantik daherkam, inspirierte das „Idyll“ mit Hornrufen und Vogelstimmen der Schweizer Bergwelt nebst einem Wiegenlied fürs Baby. Siegfried trat als Komponist in die riesigen Fußstapfen seines Vaters und seines Großvaters Franz Liszt, der den „Totentanz für Klavier und Orchester“ schrieb.
Bravourstück setzt dem Abend das Glanzlicht auf
Dem Abend wurde mit diesem Bravourstück das Glanzlicht aufgesetzt. Bernd Glemser sorgte mit schnellen Glissandi und wahnsinnigen Sprüngen in Oktaven für den fulminanten, temperamentvoll bejubelten Schlusspunkt. Schon beim Auftakt der Konzertreihe im letzten Jahr wurde der Würzburger Professor an gleicher Stelle zum gefeierten Klavierinterpreten.
Die enge künstlerische, fast schon familiären Bande zwischen Glemser und dem Philharmonischen Orchester unter der Leitung von Enrico Calesso kostete das „Dream-Team“ bereits bei der „Burleske in d-Moll für Klavier und Orchester“, einem Frühwerk von Richard Strauss, in vollen Zügen aus.
Immense Schwierigkeiten des Stücks
Gewidmet hatte es der 21-jährige Strauss dem befreundeten Hans von Bülow, der ihn in Meiningen als Kapellmeister eingestellt hatte. Doch selbst ein Klaviervirtuose wie von Bülow maulte wegen der immensen Schwierigkeiten des Stücks: „Jeder Takt eine andere Handstellung, glauben Sie, ich setze mich vier Wochen hin, um so ein widerhaariges Stück zu studieren?“
Bernd Glemser ließ – unbeeindruckt von einem gepflasterten kleinen Finger - seine feingliedrigen Hände mit traumwandlerischer Sicherheit über die Tastatur fliegen, als würden die Fingerkuppen magnetisch von den richtigen Tasten angezogen. Tänzerisch beschwingt lugte nach vier Paukentönen zum Auftakt, die das Orchester mit einem energischen Terzenmotiv beantwortete, rasch der burleske Charakter des Stücks und der spitzbübische Humor des späteren Werks „Till Eulenspiegels lustige Streiche“ hervor. Kurzweilige 17 Minuten dauert der pfeffrige Disput zwischen Klavier, Orchester und Pauken.