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ROM/WÜRZBURG
Gianna Nannini im Interview: "Gott ist tot"
Gianna Nannini: Im Interview erzählt die italienische Rocksängerin von ihrer kleinen Tochter und von ihrem Interesse für Politik und Umweltschutz. Und sie erklärt, warum sie Gott für tot hält.
Gianna Nannini: „Es ist doch egal, in welchem Alter man ein Baby bekommt.“
Foto: Daniele Onorato, dpa | Gianna Nannini: „Es ist doch egal, in welchem Alter man ein Baby bekommt.“
Melanie Jäger
Melanie Jäger
 |  aktualisiert: 26.04.2023 23:07 Uhr

Gianna Nannini (58), Königin der italienischen Rockmusik, die auch als Umweltaktivistin und mit ihrer späten Mutterschaft – sie bekam 2010 im Alter von 54 Jahren ihr erstes Kind – Schlagzeilen machte, tritt am 14. März bei „Rock meets Classic“ in Würzburg auf.

Frage: Wie geht es Ihnen, wie geht es Ihrer kleinen Tochter Penelope?

Gianna Nannini: Oh, sehr gut, danke! Penelope geht es super. Sie ist ein wunderbares kleines Mädchen, ich denke sehr oft an sie. Sie hat meine Augen, und ihre Haare sind genauso ungekämmt wie meine. Aber sie ist sehr viel schöner als ich.

Singt sie denn schon Ihre Lieder nach?

Nannini: Nein. Manchmal singe ich ihr ihre Lieblingskinderlieder vor, aber dann ruft sie immer: Nein, Mama, nein, falsch, ganz falsch! Ich hoffe aber, dass Penelope mir die Lieder noch alle richtig beibringen wird.

Am 14. März sind Sie in Würzburg, die Stadt hat ein sehr italienisches Flair und einige gute italienische Restaurants . . .

Nannini: Das höre ich gerne! Ich gehe zwar nicht so gerne in Restaurants, aber wenn ich unterwegs bin, bevorzuge ich schon italienisches Essen. Bestellen würde ich vermutlich Fisch mit Reis, das mag ich am liebsten.

„Rock meets Classic“ ist ein sehr spezielles Projekt, die Königin der italienischen Rockmusik trifft auf Geigen, Celli, Pauken und Trompeten. Wie können wir uns Ihren Auftritt vorstellen?

Nannini: Ich finde, es ist ein tolles Projekt! Es ist genau das, was ich schon immer gemocht habe und seit Jahren mache, die Kombination von Klassik und Rock, Rockband und Orchester. Es ist wirklich eine Lieder-Explosion, quasi ein Tsunami des Rock.

Wow. Das klingt gefährlich.

Nannini: Ja. Ich hoffe, die Leute, wir alle, werden überleben (lacht).

Singen Sie neue Lieder, oder ist es eher eine Mischung aus Ihren größten Hits?

Nannini: Ich singe einige meiner größten Hits und Songs aus dem neuen Album „Hitalia“ wie „Volare“, aber eine Rockversion, Heavy Metal eben, Gianna Metal.

„Volare“ ist eine berühmte Canzone aus der Zeit, in der Sie jung waren. Vermissen Sie manchmal das alte Italien, das Italien Ihrer Kindheit?

Nannini: Nein, meine aktuelle CD mit neu aufgenommenen Welthits verschiedener italienischer Songwriter repräsentiert auch das Italien von heute. Die Vergangenheit ist vorbei. Aber sie ist ein Teil von mir. Ich denke nicht, dass sie besser war als die Gegenwart. Natürlich war es damals schön, dieses Lied zu hören., „Volare“ – jeder liebte es. Es war die Vision einer Melodie. Du öffnetest deine Arme, sangst „Volare“ und warst jemand. Für mich war es der Anfang einer Idee. Ich schaute damals nach einem Klavier, etwas, mit dem ich Lieder komponieren konnte.

Welche klassischen Komponisten mögen Sie am liebsten?

Nannini: Ich mag Beethoven. Und Debussy. Das ist ein guter Gegensatz.

Wie steht es mit italienischen Komponisten wie Vivaldi, Verdi oder Puccini?

Nannini: Doch, die mag ich auch. Puccini vor allem und Verdi für seine Melodien. Das ist mehr Volksmusik.

Wenn man an Puccini denkt, denkt man automatisch an Sängerin Maria Callas. Wie finden Sie ihre Stimme?

Nannini: Maria Callas hat eine fantastische Stimme. Aber kein fantastisches Timbre. Ich denke, es waren ihre starken Gefühle, die die Qualität ihrer Stimme ausmachten.

Sind Sie noch sauer auf alle jene, die Sie wegen Ihrer späten Mutterschaft kritisierten?

Nannini: Nein. Es ist doch egal, in welchem Alter man ein Baby bekommt. Die einen sind ganz jung, die anderen ganz alt. Die Frau von Abraham bekam ein Kind, da war sie 75. Warum regen sich also alle über mich auf? Sollen sie sich doch mal lieber über die Männer aufregen, die mit 75 Vater werden.

Seit Ihrer Jugend sind Sie sehr interessiert an politischen Themen, vor allem an Fragen des Umweltschutzes und der Atomenergie. Sie haben sich für Greenpeace eingesetzt, waren bei vielen Aktionen ganz vorne dabei. Was fühlen Sie, wenn Sie an Fukushima denken?

Nannini: Fukushima ist eine Katastrophe. Doch sie beeinflusst die Meinung zur Atompolitik. Wenigstens das. Wir können den Unfall nicht rückgängig machen, die Kontamination ist überall. Sie versuchen zwar alles Erdenkliche in der Welt, um die atomare Verseuchung zu stoppen, aber das ist unmöglich.

Deutschland arbeitet seit dieser Katastrophe an einer Energiewende. Glauben Sie, dass dieses Vorhaben in absehbarer Zeit gelingen wird?

Nannini: Deutschland ist sehr stark in diesen Dingen, sehr stark mit grünen Ideen. Alternative Energie hat eine gewichtige Stimme bei euch. Ihr startet auf einem hohen Level und baut das aus. Es ist allerdings schwer für die anderen Länder in Europa, das zu akzeptieren oder gar nachzumachen. Dort gibt es nicht genug Fördermaßnahmen. Aber ihr seid ein gutes Beispiel für Europa, für Italien. Schon allein beim Recycling des Abfalls hinken wir euch Jahre hinterher. Euer Projekt ist wichtig – wichtig für das Überleben unseres Planeten. Bravo! Bravo, Deutschland!

Der erste Song auf Ihrem „Hitalia“-Album heißt „Dio e morto“, Gott ist tot. Glauben Sie das?

Nannini: Gott ist tot, Gott ist kaputt, heißt es in dem Lied. Ich denke, wir leben in einer Welt, in der Gott für das Gute steht. Gott ist gut. Aber in der Realität kann man nicht sehen, wohin wir gehören. Wir leben in einer Gesellschaft, wo auch Hass lebt. Das ist nicht gut. Das ist nicht Gott. Meine Religion ist: Übe keine Rache, hasse nichts und niemanden. Ich respektiere jede Religion. Jeder kann glauben, an wen und an was er will. Ich bin sehr spirituell. Aber ich habe keine Religion.

Wo ist der Platz auf Erden, an dem Sie am liebsten sind?

Nannini: Schwierig. Ich denke, im Herzen der Toskana, dort wo ich geboren bin. Auf dem Land. Dort, wo Wein gemacht wird. Wo es romantisch ist.

Bei „Rock meets Classic“ am 14. März in der Würzburger s.Oliver Arena tritt Gianna Nannini als Special Guest neben Ian Gillan, Rick Parfitt, John Wetton und anderen altgedienten Rockmusikern auf. Eintrittskarten unter Tel. (0 18 05) 60 70 70 oder im Internet unter www.argo-konzerte.de

Gianna Nannini

Gianna Nannini, geboren nach Angaben ihrer Website am 14. Juni 1956 in Siena, wurde mit Songs wie „Latin lover“, „Fotoromanza“, „Bello e impossibile“ oder „I maschi“ auch außerhalb ihres Heimatlandes erfolgreich. Sie ist die Tochter einer wohlhabenden und traditionsreichen toskanischen Konditorfamilie. Nach dem Abitur in Bologna verließ sie mit 18 das Elternhaus. Sie studierte zunächst Klavier in Lucca und im Anschluss daran Komposition in Mailand. 1994 beendete sie ihr Studium der Literaturwissenschaft und Philosophie mit einer Arbeit über das Thema „Il corpo nella voce“ („Der Körper in der Stimme“). Giannas Bruder Alessandro (geboren 1959) wurde in den späten 1980er Jahren als Autorennfahrer in der Formel 1 bekannt. Bei einem Hubschrauberabsturz nahe Siena wurde ihm die rechte Hand abgetrennt. Sie konnte ihm wieder angenäht werden, die Formel-1-Karriere musste er aber beenden. Sein Comeback gab Nannini 1992 in der Italienischen Tourenwagen-Meisterschaft. 1993 wechselte er mit großem Erfolg in die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft. Heute leitet er das elterliche Unternehmen, die Gruppo Nannini. Die Guardia di Finanza beschlagnahmte wegen Verdachts der Steuerhinterziehung von 3,7 Millionen Euro im April 2014 die Villa und den Reitstall von Gianna Nannini in Siena. Von 2007 bis 2012 soll sie Einnahmen aus Konzerten und Tonträgerverkäufen nicht versteuert haben. Text: WP

 
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