Das Würzburger Bürgerbräu-Areal bekommt neben dem Kino einen Konzertkeller. Im Oktober läuft bereits ein dichtes Programm. In den zwei Sälen mit 60 beziehungsweise 199 Sitzplätzen finden Konzerte, Theater, Comedy und Literatur ihren Raum.
Hier spielt der beliebte Schauspieler Ingo Klünder, ehemals Mainfranken Theater, ebenso wie das theater ensemble aus der Bürgerbräu-Nachbarschaft, die experimentellste von Würzburgs Kleinbühnen. Bei solchen Kontrasten, die den Puristen schon auch schmerzen können, soll es künftig bleiben. So möchten die Gründer der Location am liebsten einen festen Wochentag für Klassik und Mischformen einrichten, einen weiteren für Jazz. Hierfür sondieren die Keller-Bewirtschafter derzeit Kooperationsmöglichkeiten mit unterfränkischen Kulturmachern.
Inzwischen gibt es 30 Genossen. 47 sollen es werden.
"Keller Z87 – Kultur im Kessel" heißt der letzte Kellereingang rechts vom Programmkino Central. Hier signierten vor einem Jahr vier Herren einen Genossenschaftsvertrag: Die Gewölbe im Keller und ein ebenerdiges Foyer sollen wichtige Teile des regionalen Kulturlebens bündeln.
Mitgründer und Würzburger Stadtrat Uwe Dolata (FWG) erklärt, wie das funktioniert: Nach einem Jahr mit gelegentlichen Kulturveranstaltungen, vielen Um- und Einbauten und eifriger Akquisition von Mitstreitern gibt es inzwischen 30 Genossen. Die haben für je 15 000 Euro einen Genossenschaftsanteil gekauft. Genau 47 solcher Anteile müssen an Mann und Frau gebracht werden, dann ist eine knappe Dreiviertelmillion beisammen. Damit wird die Keller Z87-Genossenschaft dem jetzigen Besitzer, dem Bürgerbräu-Entwickler Roland Breunig und seiner Archicult GmbH, dieses unterirdische Teilstück des Geländes abkaufen. Bis dahin ist Z87 Mieter von Breunig, der als kulturell interessierter Mensch natürlich auch selbst Genosse ist.
Ein weiterer Anteilseigner ist der Personaldienstleister Michael Beckhäuser. Der hat sich mit seiner Firma an der Frankfurter Straße 87 niedergelassen. Er mag Jazz, bedauert schon lange das Fehlen eines Clubs in Würzburg und sagte sich: "Ich habe ein Kino vor der Bürotür – vielleicht kann ich auch einem Jazzclub zum Leben verhelfen." Das gefällt ihm besser als ein neues Auto: "Wenn ich das beim Händler vom Platz fahre, verliert es sofort die Hälfte von seinem Neuwert. Wenn ich hier in Kultur investiere, bekomme ich eines Tages vielleicht sogar etwas zurück." Der Unternehmer denkt dabei auch an Geld. Vor allem aber will er eine vitale Kultur fördern.
Sein Genosse Dolata preist an: "Ich kaufe mir ein Stück Kulturzentrum. Ich stifte nicht, sondern investiere in Kultur – mit einer Eintragung im Grundbuch." Und Beckhäuser wirbt: "Es sind noch ein paar Plätze frei."
Außer letzten Mitbesitzern sucht man Initiativen oder Vereine, die eine komplette Programmschiene bewirtschaften wollen und können. "In der Szene grassieren viele Gerüchte", bemerkt Dolata ebenso wie der vielfach engagierte Medienmanager Gunther Schunk, der derzeit noch das Musikprogramm verwaltet, während der Wirtschaftskriminologe Uwe Dolata die "restlichen" Veranstaltungen" übernimmt. Das soll so nicht bleiben, erklärt Dolata: "Wir sind keine Veranstalter, sondern Kulturmäzene, die ein Gebäude zur Verfügung stellen. Nur sind wir derzeit noch ziemlich viel administrativ unterwegs." Sprich: Die Gründungsgenossen machen mehr Programm, als sie künftig beabsichtigen.
Im November letzten Jahres lief als Test das Varieté-Festival. Dieses habe den großen Raumbedarf gezeigt. Und was dem Keller noch an Technik und Ausstattung fehlte, was man im authentischen Vintage-Look lassen kann und was modernisiert gehört. So bekam der Keller einen hübschen Sanitär- und einen variablen Bar-Bereich.
Der Tonkünstlerverband Unterfranken hat sein Interesse bereits praktisch bewiesen: Er entdeckte im eigenen Bestand einen ungenutzten Bechstein-Flügel und lieh ihn dem Keller Z87. Der Autorenkreis Würzburg und weitere Dichtkunst-Freunde möchten die Adresse einmal wöchentlich zum Literaturhaus machen. Seine Textwerkstatt trifft sich bereits monatlich an der Frankfurter Straße; früher, ohne geeignetes festes Haus, kam dieser Austausch viel seltener zustande. Dolata umreißt die Aufgabe: "Wir müssen hier eine Richtung reinbringen, damit das Publikum weiß: Was läuft wann an welchem Wochentag?"
Für den Ausschank ist ein professioneller Caterer zuständig
In kleinerem Rahmen engagieren sich bereits Mitglieder des Fördervereins, zum Beispiel am Einlass an der Kasse. Nicht aufs Ehrenamt setzt man beim Getränkeausschank während der Veranstaltungen. Dafür ist ein professioneller Caterer zuständig, der auch an Abenden mit erwartbar kleinem Publikum Dienst schiebt. Wenn dabei Verluste entstehen, kann er die ausgleichen: Die Firma versorgt auch Hochzeiten, Geburtstagsfeiern und Business-Events im Z87. Für dieses Geschäft, das die Kultur im Keller subventioniert, ist ein eigener Betriebsleiter zuständig. Das läuft laut Dolata sehr gut: "Wir haben volles Haus."
Das Oktoberprogramm wirkt zwar noch etwas improvisiert, aber schon sehr dicht. Dafür sorgt Kriminalhauptkommissar Dolata mit eigener Kraft: Zwischen 6. und 24. Oktober veranstaltet er ein sechs Abende langes DaDa-Festival, bei dem er mehrfach selbst auf dem Podium sitzt. Und das nicht "aus Jux und Dollerei. Die Dadaisten haben ja gezeigt, dass Kunst ein lebensnotwendiges Elixier ist."
Das Programm: www.kellerz87.de