
Unter den Schriftstellern spanischer Zunge war er einer der größten. Seine Romane prägten das Südamerikabild von Generationen und machten seine kolumbianische Heimat über alle Kontinente bekannt. Mit dem Urwalddorf Macondo schuf er in „Hundert Jahre Einsamkeit“ einen mythischen Ort der Weltliteratur aus dem Reich des Magischen Realismus. Am 17. April ist der kolumbianische Literaturnobelpreisträger Gabriel García Márquez im Alter von 87 Jahren in seinem Haus in Mexiko-Stadt gestorben.
Geboren wurde „Gabo“, wie ihn seine Freunde nannten, am 6. März 1927 im Dorf Aracataca im Norden Kolumbiens. Viele nehmen an, dass es für das mythische Macondo Pate stand. Als Kind träumte er davon, Zauberer zu werden, und später sollte es ihm tatsächlich gelingen, Millionen von Lesern in seinen Bann zu schlagen.
Wie viele Romanciers begann er seine berufliche Laufbahn als Journalist und schrieb unter anderem für den „Heraldo“ in der Hafenstadt Barranquilla. In seinen Memoiren ist zu lesen, wie er sich dort wegen der günstigen Zimmerpreise zeitweilig in einem Bordell einquartierte – wo er Stoff für spätere Geschichten sammelte. Nach Reportagen und Filmkritiken veröffentlichte García Márquez 1955 mit „La Hojarasca“ (deutsch „Der Laubsturm“) seinen ersten Roman.
Als literarische Vorbilder galten ihm der Argentinier Jorge Luis Borges (1899 bis 1986) und der Amerikaner William Faulkner (1897 bis 1962).
In den ersten Jahren war die Literatur für García Márquez eine eher brotlose Kunst. Als er 1967 „Hundert Jahre Einsamkeit“ geschrieben hatte, reichte sein Geld nicht einmal für das volle Porto. Auf dem Postamt in Mexiko-Stadt, wo er inzwischen lebte, konnte er zunächst nur den ersten Teil des Manuskripts an seinen Verleger in Buenos Aires schicken. Der zweite folgte einige Tage später.
Zum Glück kamen beide Teile an, denn mit diesem Roman gelang dem Kolumbianer der Schritt zur Unsterblichkeit. In unübertrefflicher Weise verwebt er in einer Familiensaga reale lateinamerikanische Geschichte mit den Mythen von Orient und Okzident. Das Jahrhundertwerk trug entscheidend zur Ausbreitung der lateinamerikanischen Literatur in der Welt bei. Und es bescherte García Márquez 1982 den Nobelpreis.
Ins Genre des Magischen Realismus fällt auch der Diktatorenroman „Der Herbst des Patriarchen“ (1975). Die Hauptfigur ist ein imaginärer General, der sagenhafte 232 Jahre über sein Volk herrscht. In der Figur des Patriarchen vermischen sich Charakterzüge realer lateinamerikanischer Potentaten. Zugleich ist der Roman auch eine Satire auf den Machismo. Und er ist ein sprachliches Meisterwerk. Sätze werden zu Melodien. Zu den bekanntesten Werken des Kolumbianers zählen außerdem „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“ (1985) und „Chronik eines angekündigten Todes“. Zuletzt erschien von ihm eine Sammlung früherer journalistischer Arbeiten.
Wie viele lateinamerikanische Literaten hat sich García Márquez auch politisch engagiert. Mit Kubas kommunistischem Revolutionsführer Fidel Castro war er eng befreundet. Zu seinen Freunden zählte aber auch der frühere US-Präsident und Bücherfreund Bill Clinton, für den er in der Lewinsky-Affäre öffentlich Partei ergriff.