Wer Omar Sharif je auf der Leinwand erlebt hat, wird neben seinen Augen vor allem eines nicht vergessen – sein Lächeln. Ein Lächeln, das den Schauspieler zum Schwarm des weiblichen Publikums machte. An diesem Donnerstag, 12. April, wird der Held aus „Doktor Schiwago“ und „Lawrence von Arabien“ 80 Jahre alt.
Geboren wurde Sharif 1932 in Alexandria in eine christliche syrisch-libanesische Kaufmannsfamilie. Michel Shalboub, so Sharifs eigentlicher Name, besuchte französisch- und englischsprachige Schulen, studierte in Kairo Mathematik und Physik. Die Wissenschaft lockte ihn aber nicht, das Kino umso mehr. Der Regisseur Jussuf Chahine entdeckte ihn schließlich, 1954 engagierte er ihn für „Tödliche Rache“ als Partner des Stars Faten Hamama.
Hamama und Sharif wurden das neue Traumpaar des ägyptischen Kinos, drehten etliche Filme zusammen und waren auch privat ein Liebespaar – Heirat 1955, zwei Jahre später kam Sohn Tarek auf die Welt. Für die Liebe und für die Karriere war Sharif zum Islam konvertiert und hatte einen neuen Namen angenommen. Aus Michel Shalboub wurde Omar al-Sharif – ein Name wie aus Tausendundeiner Nacht.
Im ägyptischen Kino war Sharif längst ein Star, als ihm 1962 mit „Lawrence von Arabien“ auch im Westen der Durchbruch gelang. Regisseur David Lean besetzte ihn als Scheich Sherif Ali, den kühnen Reiter im schwarzen Umhang, der im Ersten Weltkrieg den Abenteurer T. E. Lawrence (Peter O'Toole) gegen die Türken unterstützte. Die Kombination Sharif und O'Toole erwies sich als Glücksgriff, beide Stars ergänzten sich phänomenal.
Das Sharif-Lächeln verfehlte auch drei Jahre später seine Wirkung nicht, in „Doktor Schiwago“, der Film, der das Image von Omar Sharif auf immer festlegen sollte. Das dreistündige Melodram nach dem Roman von Boris Pasternak zeigt Sharif als tragischen Helden Jurij Schiwago, der in den Wirren der Oktoberrevolution um seine große Liebe Lara (Julie Christie) kämpft. Eine leidenschaftliche Kussszene wird zum Klassiker. Die Filmmusik, Maurice Jarres Ohrwurm „Lara's Theme“, tut ein Übriges. Der Mann, die Musik, der Blick – Sharif ist Schiwago.
Heute stört ihn vor allem, dass von seinen zahlreichen Auftritten in Kinofilmen danach nicht viel beim Publikum im Gedächtnis haften geblieben ist: „Ich bin für alle Welt nur Doktor Schiwago!“, beklagte sich Sharif mal. Nach dem mit fünf Oscars (allerdings nur in Nebenkategorien) ausgezeichneten Streifen von David Lean konnte sich Sharif die Rollen aussuchen. Er drehte Film um Film, Western, Krimis, Komödien, Abenteuerfilme, Thriller. Mal spielte er einen mexikanischen Outlaw, mal den Mongolenherrscher Dschingis Khan, mal einen Scheich, einen Polizisten, sogar Kronprinz Rudolf von Habsburg.
Omar Sharif, Schauspieler, über den Arabischen Frühling
Zum Politikum wurde 1968 William Wylers „Funny Girl“ mit Sharif und Barbra Streisand. Vor dem Hintergrund des ägyptisch-israelischen Sechs-Tage-Krieges fühlte sich die arabische Öffentlichkeit von der Liebesgeschichte zwischen einem Muslim und einer Jüdin provoziert. Vorsichtshalber machte Sharif um Ägypten eine Weile einen Bogen. Omar Sharif genoss sein luxuriöses Star-Dasein und galt als Frauenschwarm. Zahlreiche Affären mit Filmpartnerinnen wurden ihm nachgesagt.
Viele Rollen akzeptierte er nur, weil er dringend Geld brauchte für Leidenschaften wie Pferdewetten, Roulette und das Kartenspiel Bridge, das er als Profi betrieb. Seit einer Herzoperation 1993 hat der einstige Kettenraucher die Zigaretten aufgegeben und den Whiskykonsum eingeschränkt. 2003 erlebte er mit „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ ein fulminantes Comeback. Mit sparsamen Gesten, stoppelbärtig und seinem – nun altersweisen – Lächeln spielt Sharif Monsieur Ibrahim, einen türkischen Gemischtwarenhändler im Paris der 60er Jahre, der einem jüdischen Jungen die Welt erklärt. Im selben Jahr wurde Sharif in Venedig für sein Lebenswerk mit einem Goldenen Löwen geehrt. Seit 1967 geschieden, lebt Sharif heute allein, in Paris und Kairo – in der Nähe von Sohn und Enkeln und in Hotels: „Ich lebe aus dem Koffer. Und ich brauche nicht viel. Ich hänge mein Herz nicht an Dinge“, sagte er soeben der „Frankfurter Rundschau“ („FR“).
2011 beobachtete er die Massen auf dem Tahir-Platz in Kairo. Die „Arabellion“ sei die schönste Revolution von allen gewesen, erzählte er der Wochenzeitung „Die Zeit“, schöner als der Sturz des ägyptischen Königs Faruk 1952. In der „FR“ sagte er über den Arabischen Frühling: „Ich glaube, das ist eine gute Sache, besonders für Ägypten.“ Und weiter: „Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass wir eine richtige Demokratie sein werden. Besonders hoffe ich, dass die Armee nicht eingreifen wird, sondern nur ihre Aufgabe erfüllt, das Land nach außen zu schützen.“