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BERLIN
Frühe Geschichten von Truman Capote: Jederzeit lauert das Verderben
dpa
 |  aktualisiert: 03.12.2019 08:51 Uhr

Truman Capote galt in den 1950er Jahren als eines der größten Talente der amerikanischen Literatur. Bereits als 20-Jähriger veröffentlichte er seine erste erfolgreiche Geschichte. Mit „Frühstück bei Tiffany“ und „Kaltblütig“ schrieb er Klassiker. Allerdings hatte er auch schon früh den Höhepunkt seiner Kreativität überschritten. Als er 1984 im Alter von knapp 60 Jahren starb, war sein Ruhm längst verblasst.

Wie viel Talent schon der ganz junge Capote besaß, zeigt sich in der gerade veröffentlichten Sammlung „Wo die Welt anfängt“. Darin sind insgesamt 14 Kurzgeschichten zusammengestellt, die Capote als Jugendlicher geschrieben hatte und die erst im vergangenen Jahr in seinem Nachlass entdeckt wurden. Der Schweizer Verlag Kein & Aber macht die Geschichten nun im Rahmen seiner Capote-Werkausgabe auch deutschsprachigen Lesern zugänglich.

Die Geschichten sind kurz, kaum einmal länger als zehn Seiten. Und da sie aus Capotes Notizbüchern stammen, lässt sich nicht sagen, ob sie noch überarbeitet werden sollten oder Capote sie als fertig ansah. Im Mittelpunkt stehen zumeist Menschen, in denen Capote eigene Züge verarbeitete. Viele Figuren sind Schüler oder Schülerinnen, aber auch ältere Frauen spielen bisweilen die Hauptrolle.

All diesen Menschen ist eine tiefe Einsamkeit gemein: ein kleiner Junge, der einem anderen helfen möchte, den er gar nicht kennt, ein Mädchen, das sich vor Eifersucht auf eine Mitschülerin verzehrt, und eine alte Frau, die letzte Reste von persönlicher Freiheit bewahren will, so schwer es ihr auch fallen mag. In allen Geschichten lauert das Verderben jederzeit auf die Menschen. Niemand kann sich sicher sein, dass nicht im nächsten Moment schon alles vorbei ist, worauf er seine Hoffnungen gegründet hatte.

Bedenkt man, dass diese Geschichten von einem Jugendlichen ohne Rückgriff auf professionelle Unterstützung geschrieben wurden, dann ist ihre Qualität umso bemerkenswerter. Dies zeigt sich ganz besonders in „Verkehr nach Westen“, in dem kurze, scheinbar unzusammenhängende Passagen erst im letzten Absatz, dann aber umso spektakulärer zusammengeführt werden. Auch ein Selbstporträt findet sich unter den Geschichten. Die junge Sally, die sich aus dem Schulunterricht in eine Karriere träumt, will genau den Weg gehen, den der Nachwuchsautor Truman Capote für sich erhoffte und auch beschritt.

Die Sammlung der kleinen Geschichten zeigt, wo für den Schriftsteller die Welt anfing – und wie bereit er schon damals war, sich einen Namen zu machen.

Truman Capote: Wo die Welt anfängt. Erste Erzählungen (Verlag Kein & Aber, 142 Seiten, 18,90 Euro)

 
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