Burg Brattenstein verwandelte sich am Donnerstagabend in eine Räuberhöhle: Sprudelnd witzig und musikalisch mitreißend brachten die Frankenfestspiele Röttingen „Das Wirtshaus im Spessart – Eine Musikalische Räuberpistole“ in der Regie von Patrick Rohbeck auf die Bühne.
So dicht die Bäume im Spessartwald stehen, so eng aufeinander folgen hier Sprachwitz und schauspielerisch-sängerische Vielfalt. Die Premiere war fast ausverkauft und ging bei Bilderbuchwetter wie am Schnürchen über die Bühne.
Der Spessart als Urtyp des romantischen Räuberwalds
Hier spielen nicht nur Sänger und Schauspieler ihre Rollen, sondern auch die urfränkische Region des Spessart, die der Film „Das Wirtshaus im Spessart“ von Kurt Hoffmann 1958 zu nationaler Bekanntheit katapultiert hatte. Hier, im Inbegriff des romantischen Räuberwaldes, finden die Abenteuer der gutherzigen Räuber statt.
Erst seit 1977 gibt es die Theaterfassung des populären Films mit Liselotte Pulver, der wiederum an das Märchen „Das Wirtshaus im Spessart“ von Wilhelm Hauff angelehnt ist. Dass es seither eines der Lieblingsstücke des deutschen Unterhaltungstheaters ist, zeigt sich auch in Röttingen: Der Großteil des Premieren-Publikums kennt den Kassenschlager der diesjährigen Frankenfestspiele in- und auswendig.
Für Röttingen und die Besonderheiten des Freilufttheaters gibt es eine angepasste Bandversion der Musik von Franz Grothe, denn auf dem Podest über der Bühne ist nur begrenzt Platz. Der musikalische Leiter Rudolf Hild schrieb die Orchesterfassung für sieben Musiker um. Den Ohrwürmern verleiht das eine große Beweglichkeit, die gut zum trubeligen Bühnengeschehen passt. Grothe war im 20. Jahrhundert als Komponist und Dirigent ein großer Name in der Filmmusik – der wegen seiner steilen Karriere in der NS-Zeit auch Kritik ausgesetzt war.
Hier sitzt jeder Auftakt und jede Synkope
Das Röttinger Ensemble ist beeindruckend präzise eingespielt: Hier sitzt jeder Auftakt und jede Synkope, auch wenn der Dirigent die Schauspieler nur über eine Kamera sieht. Die Räuber Funzel (Hans B. Goetzfried) und Knoll (Daniel Ebert) eröffnen das Stück und treten immer wieder als kabarettistisches Duo auf. Ihr Duett vom friedlichen Leben als Bürger mit Häuschen und Garten ist herrlich träumerisch, all ihre Auftritte garantiert wortwitzig.
Der Räuberhauptmann (Martin Sommerlatte) ist mitsamt seiner komplexen Vergangenheit ebenso furchteinflößend wie hochromantisch – stimmlich zudem flexibel und ausdrucksstark. Franziska, die Comtesse von Sandau (Jasmin Reif), versprüht vor allem große Spielfreude mit kindlichem Trotz und herrlichem Eigensinn. Dass sie nicht auf den Kopf gefallen ist, nimmt man ihr sofort ab.
Die Handwerksburschen Felix (Sebastian A. Ciminski) und Peter (David Lake) sorgen wunderbar für Verwirrung, während Obrist von Teckel (Alexander Voigt) und seine Soldaten das „Zack, zack!“ ad absurdum führen. Der Chor mit dem Extra-Ensemble sorgt schließlich für zusätzliche Würze – und rundet das Bühnengeschehen ab.
Bis 19. August auf dem Spielplan. Karten und weitere Infos unter www.frankenfestspiele-roettingen.de oder Tel. (0 93 38) 97 28-55.