Die iranischen Kulturbehörden sehen es gar nicht gerne, wenn im Iran verbotene Filme im Ausland gefeiert werden. Richtig sauer werden sie aber, wenn jemand Arbeitsverbot hat, trotzdem heimlich Filme macht und für diese dann zweimal bei einem internationalen Filmfestival ausgezeichnet wird.
Das passierte bei der Berlinale, wo Jafar Panahi 2013 mit „Geschlossener Vorhang“ den Silbernen Bären für das beste Drehbuch und 2015 mit „Taxi Teheran“ sogar den Goldenen Bären gewann. Panahi darf wegen einer politischen Verurteilung bis 2030 nicht arbeiten, das Land nicht verlassen und nicht mal mit der Presse reden.
Daher gab es letztes Jahr auch große Aufregung. „Illegales Taxi fährt nach Berlin“, schrieb das Kulturinstitut Aviny. Kritik kam auch aus dem Kultusministerium. „Die Berlinale stand mal für Kultur und Kunst, jetzt aber hören wir immer wieder die lauten Schritte der Politik“, sagte der Kinobeauftragte Hodschatollah Ajubi.
Auch dieses Jahr nehmen wieder zwei Filmemacher aus dem Iran an der Berlinale (11. bis 21. Februar) teil. Mani Haghighi ist mit „Ejhdeha Vared Mishavad!“ („A Dragon Arrives!“) im Wettbewerb, Reza Dormishian mit „Lantouri“ in der Panorama-Reihe vertreten.
Unerwünschte Personen
Medienangaben zufolge geht es in Haghighis fünftem Spielfilm um ein Geheimnis auf einer Insel am Persischen Golf. Dort durften einst die Einwohner ihre Toten auf dem Friedhof nicht begraben. Als einer es trotzdem tut, gibt es ein verheerendes Erdbeben. Der Drache kommt. Durch Tagebücher eines ermordeten politischen Gefangenen versucht ein Detektiv, hinter das Geheimnis zu kommen.
In Haghighis Film spielen angeblich auch Personen, die im Iran als Dissidenten und als unerwünschte Personen gelten. Deswegen sollen die Szenen mit ihnen zensiert werden. Bis jetzt hat sich die Zensurbehörde bei Haghighi noch nicht gemeldet. „Aber was nicht ist, kann ja noch werden“, sagte er.
In Dormishians Film verliebt sich ein Mitglied der Erpresser-Gang „Lantouri“ in eine Journalistin, die aber nichts von ihm wissen will. Daraufhin schüttet er ihr Säure ins Gesicht. Das Gesicht der jungen Frau ist entstellt, und sie erblindet. Nach islamischem Auge-um-Auge-Prinzip hat sie das Recht auf direkte Vergeltung. Sie will dieses Recht wahrnehmen und ihren Peiniger auch mit ätzender Flüssigkeit blenden.
Der dritte Film des jungen Regisseurs basiert auf einer wahren Geschichte. Im Jahr 2004 schüttete ein verschmähter Verehrer der damals 26-jährigen Ameneh Bahrami Säure ins Gesicht. Die daraufhin erblindete Frau hatte das Recht auf direkte Vergeltung, auf die sie aber verzichtete. Der Fall sorgte für viel Aufregung im Iran. Auch der 34-jährige Dormischian gehört nicht zu den Lieblingsregisseuren des Kultusministeriums. Sein 2014 auf der Berlinale aufgeführter Film „Ich bin nicht wütend“ ist im Iran immer noch verboten. Er handelt von den politischen Unruhen nach der angeblich manipulierten Präsidentschaftswahl 2009, die zur Wiederwahl von Mahmud Ahmadinedschad führte. „Diese Ära ist ein wunder Punkt für das Establishment und als Spielfilm daher absolut tabu“, so ein iranischer Filmkritiker.