Die bekannte Feministin Clare Abbott wird vergiftet und Barbara Havers aus der Isolierung geholt. In die hatte sich die unkonventionelle Londoner Polizistin selbst hineinmanövriert, weil sie einmal mehr gegen sämtliche Vorschriften bei Scotland Yard verstoßen hatte. Die US-amerikanische Autorin Elizabeth George (66) gibt der Kollegin ihres berühmten blaublütigen Inspektors Thomas Lynley eine Bewährungschance in ihrem neuen Roman („Bedenke, was du tust“).
Doch bevor gemordet und ermittelt wird, erzählt George noch eine andere Geschichte, die schließlich den Rahmen ihres Krimis bilden wird: Es geht um die Familie Goldacre, die von Mutter Caroline dominiert wird. Die gutaussehende Dame mit kolumbianischen Wurzeln scheint einen unheilvollen Einfluss auf ihre beiden Söhne Will und Charlie zu haben. Beide möchten sich lösen und geraten doch immer wieder unter den Einfluss von Caroline.
Das Ende vom Lied sind gescheiterte Partnerschaften und der Freitod Wills. Caroline ist zufälligerweise auch die Assistentin von Clare Abbott und diejenige, die ihre Leiche entdeckt. Abbotts Lektorin und Freundin Rory allerdings glaubt nicht an den allzu schnell als Selbstmord eingestuften Tod der Frauenrechtlerin und Autorin und bittet Barbara Havers um Hilfe. Doch ohne Fürsprache ihres Chefs, Inspektor Thomas Lynley, darf die eigenwillige Polizistin gar nichts. Detective Superintendent Isabelle Ardery würde Havers gern in die Provinz verbannen. Nur widerwillig und dank eines Tricks von Lynley stimmt sie den Ermittlungen zu.
Unliebsame Kollegin
Es wird der 19. Fall des erfolgreichen Duos. Der Roman knüpft an den vorangegangenen Krimi „Nur eine böse Tat“ an, der vor etwa zwei Jahren in Deutschland herauskam und fast ein Solo-Fall für Havers war. Er führte sie unter anderem nach Italien, zum Verlust ihrer pakistanischen Freunde – und beinahe auch ihrer Stellung beim Yard. Seitdem wartet Ardery auf weitere Verfehlungen Havers', um die unliebsame Kollegin endlich loswerden zu können.
Doch die sieht in dem neuen Fall eine Möglichkeit der Rehabilitierung und versinkt dabei knietief im Sumpf der Familie Goldacre. Nebenbei gewährt George wieder recht großzügig Einblicke in das Seelenleben ihrer Figuren. Und das – wie gehabt – richtig gut. Auch ist dieser Roman im Gegensatz zum vorangegangenen gut durchkomponiert und gut zu lesen. Der Aufbau ist logisch, das Thema interessant. Und einmal mehr beweist die Autorin, dass zum Spannungsaufbau eines Krimis nicht zahlreiche Leichen gehören müssen. Verbrechen, die man nicht sieht, Vergehen, über die man nicht spricht, Verhalten, das subtil Böses erzeugt – das sind Georges Stärken in diesem Buch.
Wenn man Abstriche machen will, dann mal wieder an mancher Weitschweifigkeit und Wiederholung. Und: Der Leser würde gern mal wieder einen Lynley in Höchstform erleben. Darauf muss er hier wie schon zuletzt leider verzichten.
Elizabeth George: Bedenke, was du tust (Goldmann, 704 S., 24,99 Euro)