Als würden sie von einer überirdischen Kraft gestützt, streben sie auf gertenschlanken Pfeilern himmelwärts. Gotische Kathedralen sind Meisterwerke der Statik. Hohe Fenster, meist bunt verglast, sorgen im Innenraum für Licht, das direkt aus dem Paradies zu kommen scheint – jedenfalls wollten die Planer diese Wirkung erzielen. Denn zur Theologie des späten Mittelalters gehörte auch, die Gläubigen in Erstaunen zu versetzen, ihnen quasi schon auf Erden ein himmlisches Jerusalem vorzuführen.
Jahrhunderte später erlagen Künstler der Faszination der Kathedralen, die Stadtbilder, oft sogar ganze Landstriche beherrschen. Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum zeigt eine betörend reichhaltige Auswahl an Bildern von großen Kirchen – vorwiegend gotischen, für die sich Maler mehr begeisterten als für die älteren, gedrungenen romanischen Bauwerke. 180 Werke von Caspar David Friedrich über Claude Monet und Pablo Picasso bis Roy Lichtenstein hat das Museum gemeinsam mit dem Musée des Beaux-Arts Rouen zusammengebracht. „Die Kathedrale“ zeigt eine Wunderwelt aus Malerei und Architektur.
Die Kathedrale der nordfranzösischen Hafenstadt ist eine der meistgemalten Kirchen. Dafür sorgte schon Monet. Der Impressionist schuf Ende des 19. Jahrhunderts 33 Gemälde von dem Bau. Die meisten zeigen die skulpturenreiche Westfassade. Monet interessierte jedoch nicht die Wiedergabe von Details, sondern der faszinierende Wechsel der Farben je nach Tageszeit und Witterung.
Als die Kathedrale von Rouen nach einem Brand im 19. Jahrhundert renoviert wurde, erhielt sie einen kleinen Turm auf dem Dach. Der machte sie mit 151 Metern zum höchsten Gebäude der Welt. Schon 1880 übertraf sie aber der Kölner Dom um sechs Meter. Heute hat das Ulmer Münster mit 161,53 Metern den höchsten Kirchturm der Welt.
Die Begeisterung für Gotisches hatten zwei Literaten befeuert. Goethe, der in Straßburg studierte, war von dem Münster in Bann gezogen. Den damals üblichen Vorbehalten gegen die angeblich überladene Gotik widersetzte er sich mit seinem Aufsatz „Von Deutscher Baukunst“. Und Victor Hugo fügte in seinem Roman „Der Glöckner von Notre Dame“ der gotischen Architektur auch noch ein Element des geheimnisvoll-schauerlichen hinzu. Text: hele/epd
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 bis 18, Donnerstag bis 21 Uhr, bis 18. Januar.
Mit Material von epd
Fotos: Sammlung Beyeler, VG Bild-Kunst Bonn 2014, Moderna Museet Stockholm, Kunstmuseum Bonn, Metropolitan Museum New York, Sprüth Magers Berlin London, Alte Nationalgalerie Berlin, University of Glasgow, Schweizerisches Nationalmusuem Affoltern