Die Ausstellung „Die Sammlung Gunter Sachs“ in der Schweinfurter Kunsthalle ist ein Publikumsmagnet. Die 165 Werke vom Surrealismus eines René Magritte über Pop Art von Andy Warhol bis zum neun Meter breiten Graffiti auf Leinwand sind noch bis Ende März zu sehen. Im Gespräch lobt Rolf Sachs, der älteste Sohn des 2011 gestorbenen Industriellenerben, die Kunsthalle in dem Gebäude, das sein Urgroßvater Ernst Sachs den Schweinfurtern einst als Hallenbad geschenkt hatte. Und er spricht über Familiäres aus der Sachs-Familie, ihre Beziehung zu der Stadt Schweinfurt, das Verhältnis zu seinem Vater und die Zukunft der Sammlung.
Rolf Sachs: Ja, als Kind kam ich relativ oft nach Schweinfurt. Ich hatte damals keine Geschwister, meine Cousinen waren wie Schwestern für mich, und deswegen war ich sehr gerne hier, in den Ferien, am Wochenende, und mehrmals haben wir Weihnachten in Schweinfurt gefeiert. Ich war auch ein paar Mal im Ernst-Sachs-Bad, es war so dunkel, ich fand es schrecklich.
Sachs: Er hatte natürlich nicht die enge Beziehung zu Schweinfurt wie mein Onkel Ernst Wilhelm. Mein Vater ist zwar hier geboren, ist aber als Dreijähriger in die Schweiz gezogen und kam erst zurück, als er fast 20 war. Aus diesem Grund war es keine innige Beziehung, aber die Firma war hier und seine Wurzeln.
Sachs: Wir haben die Firma ja in Etappen verkauft, und natürlich hat sich der Vater immer dafür interessiert. Der Verkauf damals war eine gute und rationale Entscheidung. Wir waren Produzenten von Kupplungen, die Nachfrage wurde weniger, Stoßdämpfer waren ein problematisches Produkt, und wir waren relativ klein in einem Weltmarkt. Wir hätten entweder groß und mit Risiko erweitern müssen, um unsere Quasi-Monopolstellung zu halten, oder verkaufen. Ich denke, der Verkauf war eine verständliche Entscheidung meines Vaters und meines Onkels, obwohl sie doch auch an der Firma hingen.
Sachs: Sicher hätte es ihn interessiert. Aber ich weiß nicht, ob er eine wirklich enge Beziehung zum Schloss hatte. Der Zustand ist sehr bedauerlich, und man kann nur hoffen, dass es in die öffentliche Hand übergeht und gerettet werden kann.
Sachs: Ja, die Ausstattung war eine Mitgift von Wilhelm von Opel. Ich glaube, meine Großmutter (Anmerkung der Redaktion: Elinor von Opel) hat damals einiges mitgenommen in die Schweiz. Es gab ja ziemlichen Zoff, wie man so schön sagt. Meine Großmutter war quasi mit meinem Großvater (Willy Sachs) verheiratet worden. Es war wohl nicht so einfach für sie, mit dem Schwiegervater unter einem Dach zu leben. Das ist immer eine problematische Zusammensetzung.
Sachs: Komischerweise hatte meine Großmutter dann noch eine Verbindung zu Schweinfurt. Sie war in zweiter Ehe mit einem Herrn Kirchner verheiratet, dem gehörte das Spielwarengeschäft in Schweinfurt.
Sachs: Nein, sie haben nie hier gewohnt, aber meine Großmutter kam regelmäßig nach Schweinfurt, um ihren Sohn und die Enkelinnen zu besuchen.
Sachs: Wir haben die Sammlung quasi in der Familie aufgeteilt. Vieles hängt in den Familienhäusern und bleibt auch dort. Mein Bruder hat ein großes Haus in Amerika mit Platz für viele Arbeiten. Einiges werde ich meinen Kindern weitergeben.
Sachs: Ich glaube nicht. Ein großer Teil geht ja nach Amerika. Da wäre jede Ausstellung mit extrem hohen Kosten für Versicherung und Logistik verbunden. Also muss ich leider Gottes sagen, dass hier in Schweinfurt wohl die letzte Gelegenheit ist, die Sammlung zu sehen.
Sachs: Jean Fautrier war sein Lieblingsmaler, und er war sein Freund. Vater hatte das Glück, viele Künstler kennenzulernen. Er hat diese Beziehungen auch gesucht. Außerdem hatte er zwei sehr gute Berater. Vater hat aber Kunst eher nebenbei, fast spielerisch gesammelt. Und als ihm der Hype auf dem Kunstmarkt zu groß wurde, hat er einfach aufgehört, im großen Stil zu kaufen.
Sachs: Das ist richtig, man muss auch seine anderen Seiten sehen. Keine Frage, Vater hatte eine ganz besondere Ehrfurcht vor Frauen, und das merkt man in seinem Fotowerk. Er war Unternehmer, Sportler und hat ein bedeutendes Werk über die Astrologie geschrieben. Das Thema hat ihn sein ganzes Leben beschäftigt. Und er war, wie Herr Letze erwähnte, ein passionierter Sammler.
Rolf Sachs: Ich hatte nie ein Problem damit, mir ist auch lange nicht aufgefallen, wie bekannt er ist. Als Kind hatte ich immer engen Kontakt zu ihm, später konnte ich meine eigene Persona entwickeln.
Sachs: Das war keine bewusste Entscheidung. Der Tod meiner Mutter war ein schwerer Schock für ihn. Die beiden verband eine große, sehr leidenschaftliche Liebe. Als dann noch sein Vater starb, hatte er als ganz junger Mann plötzlich Möglichkeiten, die er vorher nicht hatte. Dass er sich dann in ein anderes Leben gewagt hat, nach Paris, ja, das kann ich verstehen.
Rolf Sachs: Die Räume bieten sich unglaublich gut an, sie haben wunderbare Proportionen. Das ist eine der schönsten Kunsthallen in Deutschland, vielleicht sogar in Europa. Und die Ausstellung ist größer und schöner präsentiert als 2012 in der Villa Stuck in München. Vor allem der Graffiti-Raum, das hat es so noch nie gegeben.
Rolf Sachs
Rolf Sachs, der älteste Sohn von Gunter Sachs, wurde 1955 in Lausanne geboren. Er studierte Betriebswirtschaft am Menlo College in Kalifornien und arbeitete als Investmentbanker in München. Seine ersten Möbel fertigte er 1983 für seine eigene Wohnung an. Einen Durchbruch als Designer von ungewöhnlichen Möbeln und Objekten hatte er 1987 mit einer Ausstellung im Rahmen der Mailänder Möbelmesse. Heute werden seine Arbeiten in Galerien auf der ganzen Welt gezeigt. Rolf Sachs lebt in einem Stadthaus in London und im einstigen Olympiastadion in St. Moritz. Er ließ das 1927 errichtete Bauhaus-Gebäude aufwendig renovieren. Er ist mit der iranischen Schriftstellerin Maryam Sachs verheiratet und hat drei Kinder. Seine nächste Ausstellung findet vom 14. Januar bis 20. April im Museum für Angewandte Kunst in Köln unter dem Titel „typisch deutsch“ statt.