Dass Wiener Würstchen in Wien Frankfurter heißen und in Frankfurt Wiener, ist ebenso kurios wie bekannt. Dass sie ein Franke erfunden und die Namensverwirrung einen ganz einfachen Hintergrund hat, möglicherweise weniger. Dieser Franke, Johann Georg Lahner (1774-1845), ist einer von 100 patenten Franken, die die gleichnamige Ausstellung bis 30. Oktober im Mainfränkischen Museum würdigt.
Als der bayerische Landtag 2006 den „Tag der Franken“ einführte, zu feiern am 2. Juli, dem Tag der Gründung des Fränkischen Reichskreises im Jahr 1500, verband er das mit der Aufforderung, der Tag möge auch genutzt werden, das Bewusstsein der Menschen für die wechselvolle Geschichte ihrer Region zu stärken.
Berühmte und weniger berühmte
Der Tag wurde heuer in Hof begangen, die Kulturservicestelle des Bezirks Oberfranken schuf dazu eben diese Ausstellung, die unter anderem im kommenden Jahr auch im Landtag zu sehen sein wird. Den Titel „Patente Franken“ hält Erich Schneider, Direktor des Museums für Franken, zu dem das Mainfränkische Museum am 1. Januar 2017 umbenannt werden wird, für „ungeheuer pfiffig“. Tatsächlich geht es weniger um die Patente selbst, sondern um die Personen, die draufkamen. Und von denen gab es viele.
Anders gesagt: „Es wäre leichter, die Franken über die Dinge zu definieren, die sie nicht erfunden haben, als über die, die sie erfunden haben“, sagt Schneider. Auf der Liste tauchen die unterschiedlichsten Errungenschaften auf: Hustenbonbons, Chemotherapie, MP3-Format, Rollstuhl, Klarinette, Düsenflugzeug, elektrische Straßenbeleuchtung, Tonfilm, Rolex-Uhren, Playmobil.
Viele patente Franken sind längst berühmt: Wilhelm Sattler und sein Schweinfurter Grün, Röntgen und seine Strahlen, Ernst Sachs und seine Freilaufnabe, Max Grundig und seine Fernseher, Ludwig Erhard und die Soziale Marktwirtschaft, die Gebrüder Dassler und der Schraubstollenschuh, Levi Strauss und die Jeans.
Sie alle sind natürlich vertreten, neben ihnen aber auch viele andere, deren Erfindungen die Welt kaum weniger geprägt haben. Diesen Blick gar nicht so weit zurück hält Würzburgs Oberbürgermeister für sehr wichtig, um eines zu zeigen: „Es hat für uns keinen Sinn zu versuchen, billigere Arbeitsplätze anzubieten als Indien oder China. Was wir brauchen, ist Köpfchen.“
Wobei der zeitgeschichtliche Ansatz durchaus nicht unumstritten ist, sagt Günter Dippold, Bezirksheimatpfleger in Oberfranken: „Manche wollen, man solle nur von alter Geschichte erzählen, am besten nur vom Fränkischen Reichskreis.“ Allzu gerne werde Franken immer noch auf Bier und Bocksbeutel, auf bunte Trachten und Volksmusik reduziert. „Keine Frage, das gehört zur Tradition, aber soll sie da stehenbleiben?“
Den engen, sozusagen frankentümelnden Blick, hält Dippold ohnehin für unrealistisch: „Migration ist kein ausschließlich modernes Phänomen. Selbst der alteingesessenste Franke hat einen Migrationshintergrund, man muss nur weit genug zurückgehen.“
So öffnet die Ausstellung mit prägnant formulierten Kurzbiografien, Aufklappkästen, beinahe auratisch inszenierten Exponaten wie Bobbycar, Bionade oder Tempotaschentuch und einer einfach zu bedienenden Datenbank den Blick von Franken in die Welt und sogar in den Weltraum. Denn es war ein Franke, der Astronom Simon Marius, der 1609/10 noch vor Galilei die vier größten Jupitermonde entdeckte. Und es war ein Franke, Gustav Albin Weiskopf, dem 1901, zwei Jahre vor den Brüdern Wright, der erste bemannte Motorflug gelang.
Die Wiener Frankfurter Würstchen
Doch zurück zum Rätsel mit den Würstchen: Johann Georg Lahner, geboren in der Fränkischen Schweiz, hatte das Wurstmachen in Frankfurt gelernt, veränderte aber die Rezeptur, als er eine Metzgerei in Wien gründete: Er mengte dem Schweinefleisch Rindfleisch bei (was in Frankfurt verboten war) und nannte seine Schöpfung „Frankfurter“. Die Wurst kam an, und die vielen Nachahmer nannten sie „Wiener Würstchen“.