zurück
WÜRZBURG
Element of Crime in Würzburg: Wenn Sven Regener seufzt und singt
Sven Regener, auch mal als Trompeter tätig.
Foto: Silvia Gralla | Sven Regener, auch mal als Trompeter tätig.
Alice Natter
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:01 Uhr

Rockkonzerte können laut und wild sein, Rockkonzerte können zu glatt, langweilig und fad sein. Es gibt Rockkonzerte mit Spektakel und riesiger Show. Es gibt überteuerte, überflüssige, ausufernde, anstrengende oder schlecht inszenierte. Das Konzert am Samstag in der Würzburger Posthalle aber fällt in diese Kategorie: gepflegt, entspannt, schön. Element of Crime waren mal wieder da. Mit einem herzlich gut gelaunten Sven Regener, einer munteren Mischung aus neuen, älteren und alten Nummern und einem formidablen Sound.

Gepflegt und schön. Was soll man auch sonst sagen zu einem Abend, den der Chef höflich mit einem „Vielen Dank“ beginnt, mit vielen „Dankes“ durchzieht und einem „Vielen, vielen, vielen Dank“ beschließt. Einem Abend, bei dem die fünf Musiker zwei Stunden lang ohne viel Aufhebens ein gutes Drei-Minuten-Lied nach dem anderen spielen und so klingen wie seit 30 Jahren schon. Bei dem der Sänger sich entschuldigt, wenn er einen Song „aus den guten alten Neunzigern“ ankündigt, in denen nicht nur er schon über 30 war, sondern auch ein Gutteil der geschätzt 1200 Leute in der Halle.

Ein Rockkonzert – gepflegt, bewährt und beglückend. Weil Dasein und Augenblick zählen. Weil die Zuhörer hinhören und zuhören und mitsummen und nicht alle drei Minuten ihr Smartphone zücken und das nächste überflüssige Bild ins weltweite Netz drücken. Weil Regener mit seiner rauen, kehligen Schnodderstimme mit zärtlichem Zorn, wütender Lakonie und melancholischer Heiterkeit Alltagsballaden greint, seufzt und singt. Es sind liebevoll-derbe Geschichten einer lieblosen Gesellschaft, bei denen von Kinderhand geschmierte Marmeladenbrote und Dosenravioli gleichrangig neben Sternen und Sandkörnern samt erstaunlich unpeinlichen Liebesschwüren und Rettungsappellen stehen. Alles Schabernack! „Wenn ein Fluss kein Wasser führt, muss einer, der rüber will, nicht schwimmen“, ist eine klassische Element-of-Crime-Erkenntnis. Und die Botschaft aller Lieder – auch der des jüngsten, 15. Studioalbums („Lieblingsfarben und Tiere“) kumuliert in einer einzigen, zeitlosen Zeile: „Wenn alles scheißegal ist, macht das Leben wieder Spaß.“

Im Walzertakt, mit Americana-Gitarrengeschrammel, markanten Mariacchi-Arrangements, Rumpelfolk, trompeten- und saxofongetriebenem Balkan-Rock und einer Prise Funk spielt sich die Berliner Band berechenbar, vertraut und schön durch den Abend. Mal getragen und düster, mal hart und kalt, mal jazzig-spritzig oder folkloristisch heiß – die Lichtkegel der Bühnenscheinwerfer tanzen und wogen dazu.

Fotoserie

Man muss die Musik von Element of Crime nicht mögen. Aber wenn man sie mag, freut man sich sehr. Im erste Zugabeblock spielen die freundlichen kriminellen Elemente aus ihrem 141-Song-Repertoire das „Weiße Papier“ und die norddeutsche „Delmenhorst“-Mitsinghymne. Beim zweiten Wiederkommen reißt Regener die Arme nach oben und ruft „Romantik!“

Und dann kommen sie gut gelaunt tatsächlich noch ein drittes Mal und nehmen ihr dankbares Publikum in der Straßenbahn des Todes mit zum Edeka des Grauens. So darf ein wohliger Rockabend nicht enden. Der Minnesänger des Alltags endet mit – über Dir, über mir – „Dieselben Sterne“. Und sagt ein allerallerletzes Mal Danke und Servus und Tschüss.

 

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Edeka-Gruppe
Element of Crime
Rockkonzerte
Sven Regener
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen