Es gibt sie, diese Film-Besessenen, die ihr Leben dem Bewegtbild verschrieben haben und die ständig auf der Suche sind nach neuen Ausdrucksformen. Oliver Kienle ist so einer. 35 Jahre alt ist er erst – doch der Unterfranke kann schon auf eine stattliche Karriere blicken, hinter der viel Talent, aber auch viel Arbeit steckt. Am 30. November kommt sein Thriller „Die Vierhändige“ in die Kinos: Eine junge Pianistin wird nach dem Tod ihrer älteren Schwester in einen Strudel aus Angst und Paranoia gezogen. Auf Festivals – in Chicago, München, Tallinn – wurde die Arbeit des gebürtigen Dettelbachers bereits gezeigt.
Buchautor, Komponist, Zeichner – und Filmregisseur: Kienles künstlerische Bandbreite ist groß. Bereits als Jugendlicher arbeitet der in Rödelsee aufgewachsene Regisseur als Autor, Zeichner und Komponist. „Ich bin Erzähler“, beschreibt er sich heute kurz und prägnant.
Erste Romane mit 16
Ab dem 16. Lebensjahr verfasst er mehr als zehn Romane, Novellen und Erzählungen, vom Science-Fiction über den Jugendroman bis zum Mafia-Krimi. Ab 2001 realisiert er Kurzfilme und Musikvideos. Nach dem Abitur am Kitzinger Armin-Knab-Gymnasium und dem Zivildienst studiert er 2002 bis 2003 zunächst Germanistik in Würzburg, wird damit aber nicht glücklich. Dann schreibt er sich an der Filmakademie Baden-Württemberg ein und schließt 2010 sein Regie-Studium ab.
Schon vor der Filmhochschule dreht er den Kurzfilm „Viola“, bei dem Kienle nicht nur für die Regie, sondern auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, und erhält mehrere Preise. Was bereits seine Flexibilität zeigt: Immer wieder tauscht Kienle den Regiestuhl mit dem Schreibtisch des Drehbuchautors, so erst 2015 für den mit der Goldenen Kamera als bester deutscher Fernsehfilm ausgezeichneten „Auf kurze Distanz“ mit Tom Schilling in der Hauptrolle. Für seine eigenen Streifen übernimmt der 35-Jährige ohnehin immer wieder diese Doppelrolle.
Das ist auch 2010 so, als sein Diplomfilm „Bis aufs Blut“ als erster abendfüllender Spielfilm ins Kino kommt. Die Freundschafts-Parabel um zwei Jugendliche gewinnt mehrere Trophäen, darunter den Bayerischen Filmpreis für die besten Nachwuchsdarsteller sowie im selben Jahr den Max-Ophüls-Publikumspreis. 2013 inszeniert Kienle für den SWR „Tatort – Happy Birthday, Sarah“ mit Richy Müller und Felix Klare und macht die damals 16-jährige Darstellerin Ruby O. Fee über Nacht zum gefeierten Nachwuchsstar.
Und die US-Vorbilder?
„Die Vierhändige“ ist eine Herzensangelegenheit, für die Kienle lange gekämpft hat. „Sicher wäre es der leichtere Weg gewesen, Fernsehkrimis oder auch mal romantische Komödien zu drehen. Aber ich wollte mich im Thriller-Genre beweisen“, sagt der 35-Jährige. Natürlich gebe es gerade hier viele angloamerikanische Vorbilder. „Aber niemand will eine Kopie sehen. Daher wollte ich bei der ,Vierhändigen‘ versuchen, meine eigene Interpretation des Spannungskinos zu schaffen.
“ Was ihm wohl gelungen ist: Die Zeitschrift „TV Spielfilm“ urteilt, der „intensive Psychokrimi“ überzeuge mit „Spannung und eigener Bildsprache“. Und aus den USA sollen schon die ersten Anfragen für ein Remake gekommen sein . . .
Drehbuch fürs ZDF
Aktuell arbeitet Oliver Kienle an ganz anderen Projekten: Derzeit entsteht für ZDF und arte die sechsteilige Finanz-Thriller-Serie „Bad Banks“, für die Kienle wieder die Drehbücher liefert. „Wir haben in Deutschland eine Menge handwerklich guter Regisseure, aber einen Mangel an guten Drehbuchautoren“, beschreibt Kienle die Situation. Des Weiteren stehen Serienkonzepte und weitere Spielfilme in der Pipeline. Darunter sogar eine Komödie.
Die Wohnung in Gerbrunn bei Würzburg hat der Wahl-Berliner übrigens immer noch. „Da sind meine Familie und meine Freunde in der Nähe. Und ich kann immer noch am besten in der alten Heimat schreiben“, erzählt der Regisseur über sein Doppelleben zwischen der deutschen Hauptstadt und der fränkischen Heimat.
An diesem Mittwoch, 22. November, stellt Oliver Kienle um 19.30 Uhr seinen Film „Die Vierhändige“ im Cineworld/Mainfrankenpark bei einer Preview vor.