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WÜRZBURG
Ein Unterfranke in „1001 Nacht“
Musical-Star: Philipp Büttner steht in Hamburg als Aladdin auf der Bühne – bis zu achtmal pro Woche. Ein Gespräch über einen anstrengenden Beruf, Fitnesstraining und einen wahr gewordenen Traum.
Seit Kindertagen von der „Aladdin“-Geschichte gefesselt: Jetzt steht der Würzburger Philipp Büttner als Aladdin in Hamburg auf der Bühne.
Foto: MORRIS MAC MATZEN / stage Entertainment | Seit Kindertagen von der „Aladdin“-Geschichte gefesselt: Jetzt steht der Würzburger Philipp Büttner als Aladdin in Hamburg auf der Bühne.
Ralph Heringlehner
Ralph Heringlehner
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:20 Uhr

Schon als Schüler stand Philipp Büttner auf der Bühne – in der Veitshöchheimer Vituskirche, im Würzburger Bockshorn – und sang Musical-Melodien. Jetzt ist der gebürtige Würzburger ganz oben angekommen: Er spielt die Titelrolle im Disney-Musical „Aladdin“ in der Hamburger Neuen Flora, einem der größten Theater Deutschlands. Es bietet nahezu 2000 Zuschauern Platz (zum Vergleich: das Große Haus des Würzburger Mainfranken Theaters fasst knapp 750). Büttner (26) besuchte das Gymnasium in Veitshöchheim und studierte an der renommierten Bayerischen Theaterakademie August Everding in München. Er spielte unter anderem in „Jesus Christ Superstar“ am Münchner Staatstheater am Gärtnerplatz, war „Che“ in „Evita“ oder Tybalt in „Romeo und Julia“. Disneys „Aladdin“ ist eine freie Bearbeitung der bekannten Geschichte um den jungen Mann mit der Wunderlampe aus „1001 Nacht“.

Frage: In Interviews erzählen Sie gerne, Aladdin sei für Sie eine Traumrolle. Ist das wirklich so, oder müssen Sie das aus PR-Gründen behaupten?

Philipp Büttner (lacht): So etwas wird wahrscheinlich wirklich oft aus PR-Gründen behauptet. Aber bei mir stimmt's. Der Disney-Trickfilm „Aladdin“ war der allererste Kinofilm, den ich gesehen habe, es war im Würzburger „Bavaria“-Kino, das es heute nicht mehr gibt. Drei Jahre alt war ich damals. Das ist eigentlich noch ein bisschen jung fürs Kino. Aber mein Vater hat damals meinen Bruder, meinen Cousin und meine Cousine mit ins Kino genommen. Und dann hieß es: „Komm, den Kleinen nehmen wir auch mit!“ Dann saß ich da im Kino – und wurde zum Aladdin-Fan. Es gibt Fotos, die mich mit vier Jahren zu Fasching im Aladdin-Kostüm zeigen.

Was finden Sie denn so toll an Aladdin?

Büttner: Als Kind hat mich die Geschichte eines Menschen fasziniert, der von ganz unten kommt, der einen guten Charakter hat und es schafft, seine Träume wahr zu machen. Und dann diese Mischung aus Musik und Farben im Film – das hat mich einfach umgehauen.

Sie sind schon als Schüler mit Musical-Songs aufgetreten – im Würzburger Bockshorn, in einer Veitshöchheimer Kirche . . . Offenbar war Musical schon immer Ihr Ding.

Büttner: Schon als ich klein war, habe ich gerne gesungen und getanzt. Mein erstes Musical, „Tanz der Vampire“, habe ich mit 14 gesehen, das war in der Hamburger Neuen Flora – also dort, wo ich jetzt Aladdin spiele. Da spürte ich: Das ist es. Da kommt alles das zusammen, was du gerne machst.

Haben Sie denn keine Lust auf Oper, auf das sogenannte ernsthafte Fach?

Büttner: Ich habe voriges Jahr in Magdeburg, parallel zu „Aladdin“, Tony in Leonard Bernsteins „Westside Story“ gespielt. Weiter würde ich in diese Richtung nicht gehen . . .

Sie haben aber doch auch in Philip Glass' „Galileo Galilei“ gesungen. Das ist eine Oper!

Büttner: Das war noch im Studium und es war was Spezielles. Der Regisseur hatte mich eigens ausgesucht, um einen Gegensatz zu den klassischen Sängern zu haben. Es kam eine andere Farbe rein, auch wenn ich da viel klassischer gesungen habe als jetzt bei „Aladdin“ oder anderen Shows. Operngesang ist schon anders und ein Opernstudium geht viel mehr auf den klassischen Gesang. In Musicals wird heutzutage vor allem Pop- oder Rockmusik verwendet.

Es gibt ja durchaus Leute, die Musical für eine recht oberflächliche Gattung halten . . .

Büttner: Solch eine Aussage finde ich viel zu pauschal. Das Schöne beim Musical ist die Vielfältigkeit, schon von den Musikstilen her: Frühe Musicals waren sehr operettig, es gibt „Das Phantom der Oper“, wo man auch klassische Sänger braucht, es gibt Musicals mit Hip-Hop und Rap, und eben Pop und Rockmusik. Auch die Formen sind vielfältig. Manche Musicals sind durchkomponiert, andere haben viel Sprechtext. Manche sind lustig, manche ernst. Im Musical „Next to normal“ beispielsweise geht es um die bipolare Störung einer Frau, die ihr Kind verloren hat. Ich glaube, Leute, die das Vorurteil haben, Musical sei oberflächlich, haben zu wenige davon gesehen.

Ich glaube sowieso, dass man speziell in Deutschland ein Problem hat mit sogenannter Unterhaltung. Dabei ist Heiteres womöglich schwerer zu realisieren als Ernstes.

Büttner: Das ist so. Das Lustige ist eine ganz hohe Kunst. Jemanden zum Lachen zu bringen ist mindestens genauso schwierig, wie jemanden zum Weinen zu bringen. Wenn nicht sogar noch schwerer.

Musical ist ja für den Darsteller eine besondere Herausforderung: Sie müssen singen können, tanzen, sprechen, schauspielern.

Büttner: Genau. Dazu kommt noch: Ich spiele achtmal die Woche. Das ist stimmlich und körperlich eine große Belastung.

Und als Hauptdarsteller sind Sie wahrscheinlich die ganze Zeit auf der Bühne. „Aladdin“ dauert – mit Pause – zweieinhalb Stunden.

Büttner: Ich habe im ersten Akt mal sechs Minuten Pause, und dann eben die große Pause zwischen dem ersten und zweiten Akt. Das war's dann auch. Dazu kommen noch ein paar kleine Pausen, wo ich mal von der Bühne gehe und mich umziehe, eine Flasche Wasser in die Hand gedrückt bekomme, einen Schluck trinke, oder einfach mal um die Bühne rumlaufe, um von der anderen Seite wieder aufzutreten. Es ist schon anstrengend. Aber das macht es auch schön. Ich habe den Beruf ja gewählt, weil ich genau das will, weil ich arbeiten will. Man will ja auch gesehen werden und auf der Bühne stehen.

Wenn Sie achtmal pro Woche rausgehen und immer dieselbe Figur spielen: Haben Sie nicht ab und zu genug davon?

Büttner: Da treffen Sie einen wichtigen Punkt. Denn das ist die Arbeit, die ich machen muss. Die Schwierigkeit liegt darin, die Frische zu behalten. Hilfreich ist dabei, dass jede Rolle mehrfach besetzt ist. Es gibt also im Prinzip jeden Abend eine andere Konstellation auf der Bühne. Jeder Kollege bringt ein bisschen was anderes mit. Natürlich hat man Vorgaben, die erfüllt werden müssen. Trotzdem hat jeder einen Raum für seine eigene Interpretation. Das hilft, wach zu bleiben und zu reagieren – und nicht einfach das Gleiche zu machen wie gestern und vorgestern.

Sie spielen Aladdin seit Herbst 2016. Ist er noch derselbe wie zu Beginn?

Büttner: Die Rolle hat sich schon entwickelt. Würde ich jetzt eine Aufnahme von meiner Premiere sehen, wäre gefühlt wahrscheinlich alles anders. Das ist aber auch der Reiz an so einer großen Rolle. Man hat Spielraum, sich auszuprobieren. „Aladdin“ ist eine Komödie. Da kann ich auch ausprobieren: Wann funktioniert ein Witz am besten? Wann krieg' ich den größten Lacher? Klar gibt's auch mal eine Vorstellung, wo ein Witz dann nicht so gut kommt. Wichtig ist dabei: Es darf nie unter ein gewisses Niveau fallen. Natürlich hat man auch Tage, die ein bisschen schwerer sind – das ist ja menschlich. Aber das darf man nicht spüren lassen und muss das Beste daraus machen.

Auf den „Aladdin“-Fotos sehen Sie aus, als gingen Sie regelmäßig ins Fitnessstudio.

Büttner: Das ist so. Damit habe ich schon während des Studiums angefangen, und das mache ich vier- bis fünfmal pro Woche. Das muss sein. Es ist einerseits eine optische Geschichte. Und es ist natürlich auch eine Konditionsfrage.

Sie sind noch jung. Wie soll's weitergehen? Sie können ja nicht ewig Aladdin spielen.

Büttner: Anfangs, nach dem Studium war ich nervös, oder jedenfalls gespannt, ob was kommt. Aber nach den ersten drei Jahren im Beruf bin ich ein bisschen relaxter, weil ich gemerkt habe: Das Angebot an Musicals in Deutschland ist groß. Es ist so vielfältig wie wohl in keinem anderen Land. Es gibt Großproduktionen wie „Aladdin“, auch viele Stadttheater bieten Musical an . . .

. . . klar, Musicals bringen Publikum . . .

Büttner: Genau, es ist ein Publikumsmagnet. Und weil ich weiß, dass das Publikumsinteresse da ist, werde ich immer ruhiger und ruhiger. Es kommen ja auch neue Stücke. Ich bin da sehr offen und freue mich auf das, was als Nächstes kommt.

Angst, dass Sie die Rolle des „Aladdin“, die Sie ja recht lange spielen, festlegt, haben Sie nicht?

Büttner: Ich hatte das Glück, dass ich in den letzten beiden Jahren in meinem Urlaub parallel noch andere Projekte machen konnte. Deswegen habe ich wenig Angst, dass mich „Aladdin“ zu sehr prägt. Zudem gingen die Stücke, die ich vorher gemacht habe, in ganz andere Richtungen.

Karten für das Musical „Disneys Aladdin“ nach dem bekannten Märchen aus „1001 Nacht“ mit Musik von Oscar-Preisträger Alan Menken in der Neuen Flora Hamburg gibt es unter Tel. (0 18 05) 44 44

Disneys Musical ALADDIN - Cast       -  Philipp Büttner
Foto: MORRIS MAC MATZEN (www.mmacm.com / digital) | Philipp Büttner
 
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