Irgendwie war er seiner Zeit fast immer voraus. „Die Eurozone ist es wert, gerettet zu werden“, sagte er jüngst beim Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos. Der Satz, der den meisten seiner Landsleute nicht von den Lippen kommen würde, stammt nicht von einem Banker oder Wirtschaftsprofessor. Er kommt aus dem Mund des britischen Musikers Peter Gabriel, in den frühen 1970er Jahren Leadsänger der Gruppe Genesis, später Solist, inzwischen Aktivist. Der Star wird morgen, Freitag, 13. Februar, 65 Jahre alt – einen Tag nach seinem Genesis-Kollegen Steve Hackett.
Dass ihm das „Wall Street Journal“ den Beinamen „Prog Prince“ gab, liegt an seinen progressiven musikalischen Anfängen genauso wie an seinem späteren Werdegang – häufig setzte sich Gabriel an die Spitze einer Bewegung. Kein Geringerer als Michail Gorbatschow würdigte den Musiker mit großen Worten: „Peter Gabriel ist weltweit anerkannt für seine Aktivitäten zum Wohl des Friedens und der Menschlichkeit.“
Sohn eines Elektrikers
In schrillen Kostümen und Frauenkleidern stand Gabriel in den 1960er und 1970er Jahren auf der Bühne. Gemeinsam mit eher ungewöhnlich gehaltvollen Liedtexten schufen die Live-Auftritte die Grundlage für den Erfolg von Genesis. Schon 1975 trennte sich der Sohn eines Elektrikers und einer Musikertochter aber – angeblich aufgrund musikalischer Spannungen – von der Band.
Die Führungsrolle machte er für den bisherigen Schlagzeuger Phil Collins frei. „Ich glaube, ich hatte damals mehr Vertrauen, dass sie es ohne mich schaffen, als sie selbst“, sagt Peter Gabriel später. Der Bühnenexzentriker experimentierte als Solokünstler viel. Entsprechend ließ der Erfolg auf sich warten. Fast neun Jahre nach seinem ersten von insgesamt 14 Studioalben kam mit „So“ (1986) der kommerzielle Durchbruch. Die Platte landete in seiner britischen Heimat auf Platz eins der Charts, in Deutschland auf Platz zwei. 1992 legte Gabriel, inzwischen von seiner ersten Frau Jill geschieden, mit „Us“ noch einmal nach. Während seiner Solokarriere verarbeitete Gabriel mit „Solsbury Hill“ die Trennung von Genesis, produzierte mit „Sledgehammer“ einen Gassenhauser und schrieb später Musik zur Untermalung von Computerspielen. Sein Sprung ins digitale Zeitalter kam früher als bei seinen Zeitgenossen.
Ein erfolgreicher Musiker zu sein, reichte Gabriel jedoch nie. Bald engagierte sich der Brite für Menschenrechte, leidenschaftlich verfocht er die Weltmusik und nahm Alben mit Musikern aus allen Kontinenten auf. Die von ihm mitkreierte Idee der „Elders“, bei der verdiente Politikerfiguren wie Nelson Mandela, Jimmy Carter oder Kofi Annan als „Dorfälteste“ sich im globalen Dorf für das Gute in der Welt einsetzen, wird häufig belächelt, trägt aber Früchte. Gabriel stand zunächst der Organisation Amnesty International sehr nahe und gründete später seine eigene Menschenrechtsgruppe, Witness. Unter dem Motto „See It, Film It, Change It“ (Sieh es, film es, ändere es) hat sich die Organisation zum Ziel gesetzt, Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren und im Internet öffentlich zu machen.
Für den biografischen BBC-Film „Sum of The Parts“ kamen die fünf Genesis-Mitglieder Gabriel, Steve Hackett, Phil Collins, Tony Banks und Mike Rutherford 2014 noch einmal zusammen und stellten sich vor die Kamera. Eine Wiedervereinigung scheint aber nicht in Sicht.