Welch ein Triumph! Der minutenlange Beifallssturm, der im Konzertsaal der Musikhochschule über das Philharmonische Orchester hereinbrach, schien selbst Enrico Calesso als Dirigent des 6. Sinfoniekonzerts kurz zu überraschen. Gefeiert werden durften die Musiker und Musikerinnen für einen Abend, der von einem bravourös musizierenden Solisten über fabelhafte Einzelleistungen im Orchester bis hin zu einer mitreißenden Gemeinschaftsdarbietung reichte.
Nun ist die vierte Sinfonie von Peter Tschaikowski bestens dafür geeignet, spontane Reaktionen im Publikum auszulösen – auch zwischen den Sätzen. Sie fordert Gefühl, Klangfarben, große Dynamik, virtuoses Spiel, Explosivität und Kontraste, auch mal Pathos und Schwelgen. Calesso lotet all das aus, spürt mit dem Orchester der Seele von Werk und Komponist nach und rührt an sämtliche Emotionen: Melancholie und Schmerz, Schwäche und Hoffnung sprechen aus dem ersten Satz. Wunderschön abschattiert das Vortasten ins Motiv, sein Wandern und sich Ablösen in den Holzbläsern, weit aufgebaut und spannungsvoll zurückgehalten der Aufbau hin zu überwältigendem Jubel.
Bravorufe für Karl-Heinz Schütz, Soloflötist der Wiener Philharmoniker
Beseeltheit im Andantino, etwas Pikanterie im Scherzo, und schließlich das rasende Finale: Nicht nur der Dirigent schien wie unter Strom. Doch der Ritt gelang bravourös, Calesso steuerte, kontrollierte die Balance, hatte alles im Blick und jedes Motiv in Taktstock und Körper. Dass der Schluss überschäumte wie Champagner war der Startschuss für eine Begeisterung, die nicht nur die vielen Jugendlichen im Publikum erfasste.
Zuvor hatte bereits Karl-Heinz Schütz, Soloflötist der Wiener Philharmoniker, Bravorufe ausgelöst. Das Konzert für Flöte und Orchester in g-Moll von Ferdinand Langer lieferte genau die klangliche Balance, die Ausgewogenheit und Zwiesprache zwischen Solist und Orchester, die anfangs in Ludwig van Beethovens Konzertfragment für Violine und Orchester in Flötenadaption nicht so recht funktioniert hatte. Langers romantisches Werk forderte von Karl-Heinz Schütz Eleganz, Virtuosität, extreme Dynamik, perfekte Artikulation – und das mit völliger Mühelosigkeit. Schütz nahm sich die Zeit für Kantilenen und große Erzählkunst, zauberte kleine Arabesken und formte dunkle Spannung, bevor sich der Finalsatz schmetternd ins tänzerische und kapriziöse Geschehen stürzte.
"Syrinx" von Claude Debussy als Zugabe war die gelungene Abrundung des Bildes von einem beeindruckenden Künstler.