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WÜRZBURG
Ein musikalischer Kreuzweg in Würzburg
Elke Tober-Vogt
 |  aktualisiert: 18.04.2018 02:36 Uhr

Erstmals hatten sich Enrico Calesso, das Philharmonische Orchester und der Opernchor in die österlichen musikalischen Aktivitäten eingebracht. Zum „Via crucis“-Konzert hatten sich äußerst wenige Besucher am Karfreitag im Mainfranken Theater eingefunden.

Mit dem Hauptwerk, „Cruci-Verba“ für Sprechstimme und Orchester, hat der italienische Komponist Azio Corghi eine Auseinandersetzung mit der orgelbegleiteten Kreuzwegdarstellung „Via Crucis“ für Soli und Chor von Franz Liszt geschaffen. Dazu lässt Corghi einen Auszug aus dem „Evangelium nach Jesus Christus“ des portugiesischen Nobelpreisträgers José Saramago lesen.

16 Abschnitte

Mit dem vorzüglich rezitierenden Georg Zeies begleitete man Jesus vom Verrat zum Haus des Pilatus und zur Kreuzigung. Doch in den 16 Abschnitten erlebte man den Kreuzweg mal aus ganz anderer Sicht: Nicht die Evangelien bilden die Textgrundlage; vielmehr nimmt Saramago die Perspektive von Jesus ein, schildert dramatisch die Eindrücke am Rande des Weges, die Emotionen der Frauen, detailliert und drastisch die Kreuzigung.

Frei nach Liszt

Die Musik folgt den Kreuzwegsstationen, die Liszt vertont hat, komplett unabhängig, keinesfalls synchron mit dem Saramago-Text. Einfach zu verstehen war das nicht, zumal das Programmblatt nur wenige und kryptische Hinweise lieferte. Der 81-jährige Komponist Corghi geht frei mit der Liszt'schen Vorlage um, zitiert, verfremdet, nutzt Mittel wie Halb- oder Vierteltonreibungen, Effekte wie scharf abreißende Töne, Tremoli, Glissandi, arbeitet mit Farben und Flächen, weniger mit melodischen Elementen.

Innig und intensiv

Das nutzt sich ab, und zwischendurch nimmt das Geschehen durchaus epische Ausmaße an. Dafür entsteht Atmosphäre, mal archaisch, mal warm und füllig, dann kalt und abweisend. An besonders affekthaltigen Stellen darf sich der Chor einbringen (Einstudierung: Anton Tremmel). Er tut dies mit berührender Innigkeit (Oh Haupt voll Blut und Wunden) und ergreifender Intensität, hingebungsvoll wie das Orchester.

Weitab ausgetretener Pfade

Dieses zeigt dann mit Joseph Haydns Sinfonie in e-Moll, der „Trauersinfonie“, Vitalität und Energie. Calesso zeichnet dabei nicht nur kleine musikalische Gesten, sondern auch große Strukturen, forciert, wo Aufbäumen nötig ist, hält zurück, wenn die Musik Schwäche ausdrückt. Das Menuett sehr konzertant, ein Adagio von großer Ruhe, die Spannung hier nicht ganz durchgängig, mit einigen intonatorischen Eintrübungen, knackig, nicht immer elegant das Presto. Ein Konzert weitab ausgetretener Pfade und, obwohl keine leichte Kost, mit viel Beifall bedacht.

 
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