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WÜRZBURG
Ein Künstler auf der Spur der Gotik
"kavex" heißt die aktuelle Werkgruppe des in Riedenheim lebenden Künstlers Herbert Mehler. Ein Wortspiel. Kavex setzt sich aus den Adjektiven konkav und konvex zusammen. Die Skulpturen aus Corten-Stahl haben beides: nach innen und außen gewölbte runde Grundformen, verpackt mit einer sternförmig gezackten Hülle.
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Foto: Christine Jeske
Von unserem Redaktionsmitglied Christine Jeske
 |  aktualisiert: 17.10.2017 13:17 Uhr

Fotoserie

Es begann mit einem Geburtstagsgeschenk. Die Marzipan-Kartoffeln waren schnell verspeist. Übrig blieb nach dem süßen Schmauß lediglich das braune Verpackungspapier. Herbert Mehler fing an es zu knittern und knautschen, dann zu falten wie eine Ziehharmonika. Die Formen ließen ihm keine Ruhe mehr, er hielt sie in Skizzen fest.

Diese Nacht war der Auslöser, erinnert sich Herbert Mehler heute, über vier Jahre später. Damals haben sich seine Gedanken konkretisiert, all die Formen, die sich jahrelang in ihm angesammelt haben, ihren Weg in die Welt gesucht. Anfang 2003 entstanden die ersten Figuren aus Corten-Stahl. Die neue Werkgruppe nannte Herbert Mehler "kavex". Was wie gefaltetes Eisen ausschaut, besteht aus vielen schmalen Blechen, die V-förmig zum Rund verbunden werden.

So entsteht nach und nach die Zickzack-Hülle. Sie wirkt wie aus einem Guss. Schweißnähte sind nicht sichtbar, scharfe Kanten verschliffen. Flugrost gibt den Figuren eine samtig-weiche Oberfläche. Mit Eisennitrat beschleunigt der Künstler die Patinabildung. Jürgen Lenssen, Domkapitular und Kunstreferent der Diözese Würzburg, vergleicht die nach außen und innen gewölbten Skulpturen Mehlers mit gewachsenen Formen aus der Natur, mit Knospen, Samen und Früchten.

Herbert Mehler hat bei einem dynamisch gewellten Werk eine Flamme vor Augen. Mit Titel festlegen möchte sich der Künstler jedoch nicht. Das enge ihn zu sehr ein, sagt er. Würde er eine Figur "Knospe" nennen, dann wäre sie ein Abbild. Für ihn sind die Figuren Realität, "sie stehen für nichts". Und sie sind in einem fließenden Zustand. Je nachdem, an welchem Ort sie stehen, haben sie einen anderen Charakter, werden zu "anderen Wesen". Im Domkreuzgang und in dessen Innenhof verblüfft den Stahlplastiker, wie gut alles zusammenpasst.

Mehrere Stunden hat er sich hierher zurückgezogen und den Platz für seine Figuren ausgesucht. Für Lenssen erwecken sie den Eindruck, "als seien sie für diesen Ort geschaffen". Sie gehen, so der Kunstreferent, in Materialität, Aussage und Formensprache mit dem Kreuzgang eine Symbiose ein. Mehler greife die Formsprache der Gotik auf, indem er die Grenzen von Zeit und Raum verschwinden lasse und das Metall durch die Formgebung entmaterialisiere. "Die Erdhaftung, die Schwere wird aufgehoben", beschreibt Lenssen die Wirkung. "Es steht mehr als nur das Sichtbare vor Augen."

Der Domkreuzgang ist geöffnet Montag bis Samstag von 10 bis 17, Sonntag von 13 bis 17 Uhr (bis 1. Juli). Zur Ausstellung ist im Berliner Verlag MK II ein Katalog erschienen. Parallel zur Sonderausstellung werden in der Würzburger Stadtbücherei bis 27. Juli Zeichnungen von Herbert Mehler gezeigt.

 
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