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Egerländer-Chef Hutter über den Reiz echter Volksmusik
Das Gespräch führte Ralph Heringlehner
 |  aktualisiert: 26.04.2023 11:35 Uhr

Kapellen, die Egerländer Musik spielen, gibt es viele. Die Original Egerländer Musikanten gibt es nur einmal. Gegründet wurde das Ensemble 1956 von Ernst Mosch. Seit dem Tod des legendären Musikers 1999 leitet Ernst Hutter das Ensemble. Am 29. Oktober gastiert der 50-Jährige mit den Original Egerländer Musikanten im Würzburger Congress Centrum.

Frage: Wie kommt ein gebürtiger Lindauer zu Egerländer Musik?

Ernst Hutter: Genauso leicht, wie jemand, der in Lindau geboren ist, heutzutage auch zu Jazzmusik und Bluesmusik kommen kann. Ich bin mit der Musik von Ernst Mosch und seinen Original Egerländer Musikanten genauso aufgewachsen wie mit Jazzmusik und Klassik. 1985 hat mich Ernst Mosch in sein Orchester engagiert, seitdem bin ich „Egerländer“.

Was ist das Besondere an der Egerländer Musik?

Hutter: Egerländer Blasmusik ist Volksmusik, die ursprünglich – wie der Name sagt – aus dem Egerland stammt oder aus dem Großraum Böhmen. Wir spielen Egerländer Blasmusik, wie sie Ernst Mosch über 43 Jahre pflegte und wie wir sie selbst nach seinem Tod vor neun Jahren in die Zukunft tragen. Die Original Egerländer Musikanten haben eine ganz bestimmte Besetzung, die den besonderen Klang ausmacht. Wie jede andere gute Band oder jedes andere gute Orchester haben wir einen unverwechselbaren Sound.

Wo liegen die Unterschiede zwischen Egerländer Blasmusik und dem, was als volkstümliche Musik die Fernsehkanäle überschwemmt – von den Klostertalern über die Wildecker Herzbuben bis zu Hansi Hinterseer?

Hutter: Das kann man überhaupt nicht vergleichen. Volkstümliche Künstler produzieren meiner Meinung nach überwiegend Musik, die dem Schlager ähnlich ist. Das ist keine Volksmusik, die aus dem kulturellen Schatz einer bestimmten Region entsteht. Wir selbst, aber auch unser Publikum, sehen unsere Musik wie Klassiker. Sie ist im Prinzip vergleichbar mit Bigband-Musik von berühmten Orchestern wie Glenn Miller oder Count Basie oder mit Volksmusik aus anderen Ländern der Erde. Ich würde das, was wir auf die Bühne bringen, zum Beispiel vergleichen mit einer Show wie „Mother Africa“. Wir machen nichts anderes. Wir bieten dem Publikum unseren Stil, unsere historischen Verbindungen an: ein Blasorchester ohne elektronische Instrumente, dafür aber mit Musikern, die über viel Spielfreude und Können verfügen.

Sie haben an der Musikhochschule Stuttgart studiert, sind also klassisch ausgebildet. Sie spielen auch Jazz in der SWR Big Band . . .

Hutter: . . . bei den Egerländern haben immer nur Profis gespielt, Jazzer, klassische Musiker, schon zu den Zeiten von Ernst Mosch. „Die Egerländer“ waren und sind im Prinzip ein Auswahlorchester aus vielen sehr potenten Musikern, die auch in anderen Musikstilen zu Hause sind. Aber die spezielle Egerländer Musik spielen wir nur bei den „Egerländern“. Und zwar deswegen, weil die das berühmteste und in musikalischer Hinsicht perfekteste Orchester in dieser Stilrichtung sind. Es gibt ja viele Orchester, die diese Stilrichtung spielen, ähnlich wie es viele Bigbands gibt oder sinfonische Orchester.

Was reizt Sie an der Volksmusik, die ja eher einfache gestrickt ist?

Hutter: Sie sagten „einfach gestrickt“: Haben Sie schon mal Dvoøák-Sinfonien genauer untersucht? Dort finden Sie genauso zweistimmige Intervalle oder tänzerische Rhythmen wie bei uns. Das hat alles denselben Bezug. Auch andere Volksmusik auf der ganzen Welt ist „einfach“ gehalten, dennoch ist der Inhalt der guten Volksmusik immer auch im besten Sinne bodenständig.

Auch bei Smetana findet sich Böhmisches . . .

Hutter: Genau, unsere Musik stammt ja auch aus Böhmen. Smetana, Dvoøák, Janaèek und wie sie alle heißen, hatten dort ihre Wurzeln, und deswegen gibt's da ganz ähnliche Klänge. Unser heutiges Repertoire spielt sich aber nicht nur in einer Richtung ab. Natürlich haben wir die großen Klassiker, die Ernst Mosch bekanntgemacht hat, im Programm, wie etwa „Böhmischer Wind“ oder „Egerland-Heimatland“, unser Publikum erwartet das einfach. Aber wir spielen auch Neues, in der traditionellen Form ebenso wie virtuose solistische Kompositionen. Wir reichern also die Basis der Egerländer Musik, „die Schätze unserer Tradition“, wie ich dies nenne, mit Dingen an, die wir jüngeren Musiker einbringen.

Auf Ihrer Homepage steht, es sei ein Jugendtraum von Ihnen gewesen, bei den Egerländern zu spielen.

Hutter: Dies ist absolut richtig.

Das ist nicht nur PR?

Hutter: Warum sollte das ein PR-Gag sein? Das ist wirklich so. Und ich kenne auch heute sehr viele junge Leute, die ähnliche Einstellungen dazu haben. Ein „Klassiker“ wie die Egerländer Musikanten, die für Qualität und lebendige Kultur stehen, wird immer interessant bleiben.

Es gibt allerdings durchaus Vorurteile, die besagen, diese Art von Musik würden nur die Älteren hören – was antworten Sie darauf?

Hutter: Zu Vorurteilen fällt mir nur ein, dass sie lächerlich sind. Wie das Wort schon sagt, bezieht es sich auf Leute, die sich kein wirkliches Urteil durch Beschäftigung mit einer Sache gebildet haben. Aber noch etwas anderes möchte ich dazu sagen : Für mich zählt jede Person in einem Konzert gleich viel, ich unterscheide nicht zwischen Jung oder Alt. Die ältere Generation mit ihrer Erfahrenheit weiß doch genau, auf was sie sich einlässt – und die jüngere Generation ist neugierig und deshalb für unsere Zukunft lebenswichtig.

Wie sieht denn Ihre Erfahrung aus?

Hutter: Wir haben in diesem Sinne ein Publikum, das sich aus dem gesamten Spektrum unserer Gesellschaft zusammensetzt und sich genauso wenig von Vorurteilen leiten lässt wie ich selbst auch. Bei uns gibt es ein geflügeltes Wort: „Einmal Egerländer, immer Egerländer“, was bedeutet, wer einmal mit unserer Musik infiziert ist, der wird sie immer lieben.

Vorverkauf: Tel. (0 18 05) 60 70 70, Internet: www.argo-konzerte.de

 
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