Dramatische Musik in drei Akten: Wenn Dream Theater schon im Konzert-Titel Besonderes ankündigen, dann halten sie das für gewöhnlich auch – ein Metal-Gig ist das längst nicht mehr. Drei Stunden progressiver Rock sind gewaltig, sind bombastisch, sind jedoch auch anstrengend. Vielleicht gerade deswegen so kurzweilig: Die fünf US-Amerikaner spielen in Geiselwind vor 3000 Fans erst etwas neuere Ware, nach der Pause dann das komplette, 25 Jahre alte „Images an Words“-Album und nach nochmaligem Pausieren, quasi als 23-minütige Zugabe, das siebenteilige „Change of Seasons“ aus der gleichnamigen 95er EP – drei Akte eben. Und dabei halten sie die Spannung trotz noch so frickeliger Ausflüge in die technischen Grenzbereiche aller beteiligter Künstler so hoch, dass die Zeit nur so verfliegt.
Anekdoten und Poesie
Das ist schon geschickt, wie der lässig zwischen Anekdoten und Poesie plaudernde Sänger James LaBrie („ist das hier eigentlich ein Vergnügungspark?“), die beiden 1985er-Gründungsmitglieder John Petrucci (Gitarre) und John Myung (Bass), Keyboarder Jordan Rudess sowie Drummer Mike Mangini einige Halb-Hits und neue Songs („The Gift of Musik“, „Our new World“) vor den Höhepunkt legen.
Der ist die Jubiläumswidmung der zweiten, den Durchbruch bedeutenden Platte. Als beim Pastorious-Cover „Portrait of Tracy“ mit dem so filigranen wie gewöhnungsbedürftigen Bass-Solo Myungs mal ganz kurz der Spannungsbogen abflacht, verleiht die in Anspielung an damalige Album-Kritiken so gewiefte „Enter Sandman“-Metallica-Anleihe in „As I am“ dem Aushängeschild des progressiven Metals wieder mehr Biss.
Und bei „Pull me Under“, Top-Hit der „Images an Words“, reichen ohnehin ein paar Akkorde und das Publikum ist, gemessen an der limitierten Emotionalität dieses Genres, aus dem Häuschen.
Von „Another Day“ bis „Learning to live“ ist's ein einziger Rausch der Sinne. Dazu gehören natürlich die ausufernden Soli, von denen Petruccis Saiten-Zauber bei „Take the Time“ herausragt – und das längst nicht nur wegen der schillernden Schönheit seiner pinkfarbenen Gitarre.
Traumhafte Lichtspiele
Dazu gehört aber auch dies traumhafte Lichtspiel, das sich seiner schlichten Mittel nicht schämen muss: Dezente Projektionen auf eine in Quadrate geteilte Rückwand, Ständer mit je drei beweglichen Lampen-Balken – die reifere Generation, und die ist in der Mehrheit, lässt sich eben ohne Laser-Spektakel, 3-D-Animationen und anderen verzichtbaren Unfug begeistern.
Und wer erst auf eine Vorgruppe verzichtet, sich dann mit einem komplexen 23-Minüter verabschiedet, wo andere totgenudelte Gassenhauer rausjagen, der hat wahrlich Eier. Vor allem Flitzefinger Rudess darf sich auf seinem futuristischen Tasten-Monster austoben – wenngleich ältere Fans sich nach der Coolness eines Kevin Moore, des ersten und mit seinen Kompositionen den Stil der Band prägenden Dream-Theater-Keyboarders sehnen mögen.