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WÜRZBURG
Dramatisches und sinnliches Ohrentheater: Don Giovanni konzertant
Erna Rauscher
 |  aktualisiert: 02.07.2017 03:10 Uhr

Don Giovanni ohne einen aus Nebelschwaden auferstehenden Komtur? Don Giovanni ohne Masken? Don Giovanni, die „Oper aller Opern“, wie E.T.A. Hoffmann sie bezeichnete, Oper konzertant – kann das funktionieren? Es kann, wenn der Rahmen stimmt und wenn die Mitwirkenden es schaffen, das fehlende Bühnenbild durch sängerische und spielerische Darstellungskraft zu suggerieren.

Il dissoluto punito ossia il Don Giovanni (Der bestrafte Wüstling oder Don Giovanni) von Wolfgang Amadeus Mozart nach einem Libretto von Lorenzo da Ponte konzertant im Kaisersaal der Residenz. Dieses Experiment war der Lautten Compagney Berlin zu verdanken, die immer wieder mit innovativen Programmen aufwartet. Speziell für das Mozartfest wurde diese Aufführung eingerichtet. Eine großartige Sängerriege bescherte einen unvergesslichen Opernabend, bei dem zu keinem Zeitpunkt Bühnendekor und Kostüme vermisst wurden, ein Ohrentheater ganz besonderer Art und Güte.

Die Verschränkung des Tragischen mit dem Komischen in Mozarts Dramma giocoso gelang perfekt. Auf der einen Seite die wie Furien rasenden, betrogenen Eroberungen des Frauenverstehers Don Giovanni, Donna Elvira und Donna Anna, auf der anderen ein pfiffiger Leporello und ein bodenständig natürliches Dienstbotenpaar Zerlina und Masetto. Dazwischen ein treuer Don Ottavio.

Zum Dreh- und Angelpunkt geriet der Leporello Simon Robinsons. Kernig, schlank und geschmeidig in der Stimme umschiffte er alle schwierigen Situationen, in die ihn sein Herr Don Giovanni manövrierte. Frédéric Cornille zeichnete diesen eher zurückhaltend und vornehm, weder aufdringlich noch triebgesteuert.

Erica Eloff zeigte eine zunächst tief verletzte, zunehmend selbstbewusste Donna Anna. Nina Bernsteiner spannte den Charakterbogen ihrer Donna Elvira zwischen Rachsucht und liebendem Verständnis. Patrick Grahl bestach mit Eleganz und zeigte die tiefe Tragik seines Don Ottavio. Hanna Herfurtner strahlte mit jugendlicher Natürlichkeit und Frische. Meisterlich schlüpfte Magnus Piontek zunächst in die Rolle des einfältigen, aber herzensguten Masetto, am Ende war er ein unnachgiebiger und tiefschwarzer Komtur.

Wolfgang Katschner ließ die Lautten Compagney mit Verve, zügig und beweglich aufspielen. Die Pauke setzte markante Eckpunkte, frech kommentierten die Klarinetten, mitleidvoll besänftigten die Streicher, sparsam, aber präsent trug das Cembalo. Als besonderes Schmankerl griff Katschner selbst zur Laute und begleitete Frédéric Cornille bei dessen Canzonetta „Deh vieni alla finestra“. Das Berliner Vokalensemble Capella Angelica ergänzte die wenigen Choreinwürfe.

Erst gegen Mitternacht ging ein langer Abend zu Ende, dem es nicht an Dramatik, Sinnlichkeit und großartigen Momenten mangelte.

 
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