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WÜRZBURG
Dorian Gray im Mainfranken Theater: Der Tod eines selbstverliebten Schönlings
Das Ende ist der Anfang: Der Vorhang öffnet sich, auf dem Boden liegt eine Leiche, über ihr hängt das Bild eines bildschönen Jünglings. Ein alter Mann betritt die Bühne, kann nicht glauben, was er vor sich liegen sieht, und taucht ein in die Vergangenheit: Er entledigt sich seines Mantels, seiner grauen Perücke und ...
Szene aus der Uraufführung des Balletts „Das Bildnis des Dorian Gray“ am Würzburger Mainfranken Theater.
Foto: FOTO Christoph Weiss | Szene aus der Uraufführung des Balletts „Das Bildnis des Dorian Gray“ am Würzburger Mainfranken Theater.
Von unserer Mitarbeiterin Sabrina Betz
 |  aktualisiert: 16.03.2009 15:15 Uhr

Ballettchefin Vita hält sich bei ihrer Interpretation von Oscar Wildes Roman zum größten Teil an die Vorlage: Dorian Gray wird von Basil Hallward fotografiert (im Roman gemalt) und verliebt sich in seine eigene Schönheit. Lord Henry, ein Dandy der englischen Gesellschaft des viktorianischen Zeitalters, nimmt den Jüngling unter seine Fittiche, verführt ihn, sich der Sinneslust, dem Vergnügen hinzugeben. Vor seinem Porträt äußert Gray den Wunsch, das Bildnis solle an seiner Stelle altern. Er führt ein ausschweifendes Leben, verliert jegliche Moral, wird schließlich zum Mörder. Als er den Spiegel seiner schwarzen Seele beseitigen will, stirbt er selbst.

Fotoserie

In Anna Vitas Inszenierung ist Gray als Hosenrolle angelegt. Caroline Matthiessen verkörpert ihn androgyn – eine Mischung aus männlichen und weiblichen Zügen, anziehend für beide Geschlechter. Sie verleiht Gray gleichermaßen Härte und Leichtigkeit. Ivan Alboresi als Lord Henry gibt den Dandy tänzerisch präzise und schauspielerisch gekonnt unsympathisch, lässt aber auch emotionale Momente durchkommen. Gut mithalten kann sein Konkurrent um die Gunst Dorians, Basil (Dmitry Sludyanin). Mitreißend ist die Darstellung des Selbstmordes der Gray-Verlobten durch Ayako Kikuchi, die mit dem herausragend tanzenden Ballett-Eleven Yoshimasa Yamaguchi für das Pas-de-deux-Highlight des Abends sorgt.

Musik von Elgar und Britten

Anna Vita schafft es, den Zwiespalt aus Wildes Roman umzusetzen. Auch bei der Musikauswahl beweist sie ein gutes Händchen. Mit Benjamin Britten und Edward Elgar stehen zwei englische Komponisten auf dem Programm, deren Werke mit der Choreografie harmonieren, aber auch kontrastierend eingesetzt werden. Vor allem bei Elgars „Enigma Variationen“ kann das Philharmonische Orchester unter der Leitung von Generalmusikdirektor Jonathan Seers mit weichen Linien und großem Gefühlsausdruck berühren. Brittens Werke hingegen verbildlichen die eher dramatischen Szenen.

Das Bühnenbild von Sandra Dehler gibt sich zurückhaltend. Fünf unterschiedliche große, mobile Prismen, die den Tänzern als Requisite, Versteck oder Zuflucht dienen, zieren die sonst leere Bühne. Durch die Drehbühne und die Verschiebung der Körper entstehen immer wieder neue Räume, die großartige Beleuchtung (Klaus Gärditz) tut das Übrige: Mal ist die Bühne in (gefühls-)kaltes Blau getaucht, mal dominiert Blutrot. Die Gegensätze der englischen Gesellschaft zwischen ausschweifendem Leben und Gefühlskälte zeigen sich aber nicht nur im Bühnenbild. Auch die Gegenüberstellung zwischen der eher spartanischen Bühne und den historisch angelegten Kostümen (eine Augenweide von Stephan Stanisic) führt die Doppelmoral, Schein und Sein vor Augen.

Das Porträt Grays tut, was es tun muss – es altert, wird unansehnlich, hässlich. Das Team um Chefmaskenbildner Wolfgang Weber hat nicht nur bei der Verwandlung von Grays Porträt in die Trickkiste gegriffen, sondern sorgt auch während der Vorstellung für den nötigen Alterungsprozess. Minutenlanger Beifall, unzählige Bravos, stehende Ovationen.

Weitere Vorstellungen: 21., 24., 29. März, 5., 12., 17., 22., 29. April, jeweils 19.30 Uhr, Einführung um 19 Uhr. Karten: (Tel. 09 31) 39 08-124.

 
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