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SÖMMERSDORF
Don Camillo und sein Lieblingsfeind Peppone
Im Grunde sind sie beste Freunde: Peppone (Norbert Mergenthal) und Don Camillo (Frank Greubel).
Foto: Anand Anders | Im Grunde sind sie beste Freunde: Peppone (Norbert Mergenthal) und Don Camillo (Frank Greubel).
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 27.04.2023 02:00 Uhr

Das Erlebnis Sömmersdorf beginnt schon beim Einparken. Wenn sich allabendlich knapp 2000 Menschen aufmachen, um eine Freilichtbühne in einem Dorf mit nicht viel mehr als 600 Einwohnern zu besuchen, dann geht das nur gut, wenn alle organisatorischen Fragen geklärt sind.

Die Feuerwehr weist die Blechlawine routiniert auf die Äcker ein

Das Parken, zum Beispiel. Die Sömmersdorfer, die seit Jahrzehnten gemeinsam Erstaunliches auf die Beine stellen, haben damit Erfahrung: Alle fünf Jahre, das nächste Mal 2018, kommen bis zu 30 000 Besucher zu den Passionsspielen. Heuer ist hier, zum zweiten Mal nach 2011, ein weltliches Stück zu sehen: „Don Camillo und das rothaarige Mädchen“. Die Blechlawine, die sich, längst nicht nur vom etwa zehn Kilometer entfernten Schweinfurt kommend, die B 303 heranwälzt, ist die gleiche, egal, ob Passion oder Komödie. Und sie wird ebenso routiniert von der Feuerwehr nach einem ausgeklügelten System auf die Ackerflächen vor dem Bühnengelände eingewiesen.

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Bei den Passionsspielen stehen fast zwei Drittel der Dorfbevölkerung auf der Bühne, bei „Don Camillo und das rothaarige Mädchen“ sind es 43 Frauen, Männer und Kinder. Immer noch mehr, als im Drehbuch des sechsten Don-Camillo-Films nach Giovanni Guareschi geplant waren, der 1970 nicht mehr in die Kinos kam, weil Hauptdarsteller Fernandel während der Dreharbeiten starb. Das Sömmersdorfer Regie-Duo Marion Beyer und Hermann J. Vief hat deshalb in das von Rolf Wilken adaptierte Stück noch ein paar Figuren mehr hineingeschrieben.
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So sind auf der Passionsbühne, die der Berliner Bühnenbildner Andre Putzmann in ein italienisches Kleinstädtchen umgebaut hat, Backfische in Pettycoats, Vespa- und Motorrad-Halbstarke (beide Gangs auf echten knatternden Maschinen), Ratschkatteln, Kleriker, Kommunisten, Maoisten und Christen zugange. Und natürlich die beiden Lieblingsfeinde: Don Camillo und Peppone. Beide haben diesmal ihre Probleme nicht in erster Linie miteinander. Das Stück spielt 1963, der Pfarrer bekommt Druck von der Kurie, er möge stärker mit der neuen Zeit gehen, der längst verbürgerlichte Bürgermeister kämpft gegen zugezogene Konkurrenz von Linksaußen.

Hinzu kommt eine ganze Reihe dramaturgisch nicht immer ganz schlüssiger Nebenkriegsschauplätze – Stoff genug für eine turbulente Handlung, befeuert vom Rock'n'Roll der Band, und eine Fülle gutmütiger und zündender Gags rund um Religion, Politik und menschliche Schwächen allgemein. Es gibt Sprüchen gegen Links wie gegen Rechts, feixend quittiert vom jeweils anderen Lager im Publikum.

Frank Greubel spielt den Don Camillo mit maliziösem Witz

Frank Greubel spielt sich als Don Camillo mühelos aus dem Schatten des großen Fernandel – wo dieser raumgreifend und grobknochig durch die Handlung pflügt, agiert Greubel mit maliziösem Witz und feinem Gespür für Timing. Norbert Mergenthal gibt als Peppone dazu den linkischen Widerpart.

Getragen werden die beiden von einem unglaublich engagierten Ensemble, das in der dreistündigen Handlung nicht eine Minute Langeweile aufkommen lässt.

Das Erlebnis Sömmersdorf ist übrigens auch mit dem frenetischen Schlussapplaus nicht zu Ende, den die Sömmersdorfer in perfekt einstudierter Choreografie entgegennehmen. An den vielen Essens- und Getränkeständen gibt es auch kurz vor Mitternacht noch Gelato, Birra und sogar Limoncello.

Weitere Vorstellungen: 29. bis 31. Juli, 5. bis 7. August, weitere Infos unter www.kulturauspassion.de

 
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