
Die erste „Lohn“-Erhöhung gab es sogleich dafür, dass er in seiner Anmoderation sein Alter preisgab (36) und eine Autobiografie ankündigte.
Dann aber wurde es ernst: Der Geiger, der im Max-Littmann-Saal wie ein Popstar gefeiert wurde, hatte für den Beginn seines als „Soundtrack meines Lebens“ beschriebenen Kammermusikabends César Francks „Sonate für Violine und Klavier A-Dur“ ausgewählt. Und er überraschte durch eine ganz und gar stimmungsvolle Interpretation, die den emotionalen Bogen von nahezu unwirklicher Morbidität bis zu exzessiver Leidenschaft spannte.
Der eigene Anspruch
Fahle Klänge auf der einen, Opulenz auf der anderen Seite, Momente ergreifender Schlichtheit im Wechsel mit fein dosiertem Virtuosentum – Garrett zeigte, dass er drauf hat, was er selbst als Anspruch formuliert: „Man kann nur frei Musik machen, wenn einem die Technik nicht mehr im Weg steht.“
Dabei stand ihm mit Julien Quentin am Klavier ein wunderbarer Partner zur Seite. Unaufdringlich demonstrierte dieser sein meisterliches Können, stets präsent, in der dialogischen Auseinandersetzung stark und befruchtend – hier inspirierten sich zwei Musiker, die einfach zusammen passen.
Virtuosität ist gefragt
Dann die andere Seite des David Garrett: Im zweiten Teil des Konzertes präsentierte der Bühnen- und Fernsehstar ausschließlich Werke, die sich als Zugabenschmankerl eignen und in denen er seine Stärken voll ausspielen konnte. Virtuosität ist gefragt bei Stücken wie Nikolaj Rimskij-Korsakows „Hummelflug“ oder Antonio Joseph Bazzinis „Tanz der Kobolde“, Spektakel und Feuerwerk eingeschlossen. Dass dabei Vittorio Montis „Czárdás“ agogisch arg manieriert geriet, dass Sergej Prokofjews Marsch aus der Sinfonischen Suite aus „Die Liebe zu den drei Orangen“ reichlich oberflächlich und ohne Tiefgang daherkam, verziehen die tobenden Zuhörer.
Peter Tschaikowskys edel und beseelt gespielte „Mélodie Es-Dur op. 42/3“ war dafür zwischendurch ein schöner Ruhepunkt in der wirbelnden Abfolge von kurzen musikalischen Reizen.
Ja, David Garrett weiß, wie man mit einem Publikum spielt, wie man eine Bühnenshow choreografiert, wie man sich geschickt durch lockere Plaudereien und inhaltsfreie Histörchen als „Primus inter pares“ der internationalen Geigenszene platziert, Widmungen und Dank an Familie und Lehrer inklusive.
Doch auch das gehört heutzutage dazu, wenn man erfolgreich sein will, und eines muss man dem sympathischen „Strahlemann“ lassen: Er fasziniert nicht nur durch seine Bühnenpräsenz, sondern auch durch seinen spielerischen Umgang mit hohen technischen Anforderungen. Sein Ansatz zielt auch darauf ab, ein junges Publikum für den traditionellen Konzertsaal zu gewinnen, und dieses Konzept geht auf. Viele Kinder und Jugendliche waren im Saal, und nicht nur sie bereiteten Garrett und Quentin einen ganz großen Abschiedsbahnhof.