Klappern da Tiegel? Scheppern da Töpfe? Plappern da Köchinnen und Mägde? Unmöglich! Das Schloss ist seit Jahrzehnten nicht mehr bewohnt und in der Küche werkelt schon lange niemand mehr. Trotzdem sind da diese Geräusche . . .
Als sei er mitten ins Leben der gräflichen Familie Luxburg geraten (siehe Kasten), soll der Besucher von Schloss Aschach sich fühlen, sagt Ulrich Schwarz, einer der Geschäftsführer von Bertron Schwarz Frey. Die Berliner Museumsdesigner sind eine der beiden Firmen, die mit der Museumsleitung bei der Neugestaltung von Schloss Aschach zusammenarbeiten.
Dort ist derzeit alles weitgehend noch so, wie es Max Hermann von Freeden Mitte der 1950er Jahre eingerichtet hatte, nachdem Karl Graf von Luxburg sein Schloss dem Bezirk Unterfranken 1955 als Museum überlassen hatte. Die Wohnräume zeigen, dass die wohlhabende gräfliche Familie kenntnisreich Kunst und Antiquitäten sammelte – vom Renaissancemöbel bis zum Cranach-Gemälde „Judith mit dem Haupt des Holofernes“.
Genau genommen präsentiert Schloss Aschach aber keine authentische Wohnsituation, sondern eine museale Inszenierung, wie sie in den 1950er Jahren Stand des Wissens und der Technik war. In den nächsten Jahren soll das Innere des im Grunde auf das 12. Jahrhundert zurückgehenden Bauwerks umgestaltet werden. „Die historischen Wohnräume, deren originale Ausstattung neben den Kunststammlungen zu den Besonderheiten von Schloss Aschach gehört, sollen die Wohnsituation der Grafen von Luxburg zum Zeitpunkt der Schenkung im Jahr 1955 zeigen“, so Museumsleiterin Annette Späth. Museale Veränderungen sollen zurückgenommen werden. Doch wie genau hat es hier ausgesehen?
Detektivarbeit
„Das ist Detektivarbeit“, sagt Späth. Schon ein Haken in der Wand kann für die Museumsleiterin zum Indiz werden. Sie weiß dann: Hier hing einst ein Bild. Was in dem Schloss an der Saale wo und wie hing (oder stand oder lag), ist für die Kunsthistorikerin eine zentrale Frage. Da hängt etwa, wo ursprünglich ein Spiegel war, ein Gemälde. Kunstgegenstände, Möbel oder Geweihe – und davon gibt es viele – sind heute in anderen Räumen zu sehen oder lagern im Depot.
Vitrinen mit Schwertern und Gewehren trüben den Eindruck des barocken Treppenhauses – und verstellen den Blick auf ein Fresko, das die „Memento mori“-Thematik von der amüsanten Seite sieht: „Wer vergisst, dass er ist sterblich, ist der größte . . .“ steht da über dem Bild eines Esels.
Im großen Speisesaal im Parterre zeigt Annette Späth weitere Beispiele für das Wirken des Mannes, der auch das Mainfränkische Museum in Würzburg konzipierte: „Hier stand an sich ein runder Tisch.“ Seit 60 Jahren aber dominiert den Saal ein rechteckiger Tisch. Der ruht auf dem Gestell eines Billardtisches, der ursprünglich zwei Etagen höher im Luxburg-Saal stand. Der Esstisch ist mit Porzellan eingedeckt, das eine Leihgabe des Mainfränkischen Museums (jetzt „Museum für Franken“) ist. Diese Teller und Terrinen haben mit den Luxburgs nichts zu tun. Die Porträts der Fürstbischöfe an der Wand sind ebenfalls eine Freeden'sche Idee. Die ernst blickenden Geistlichen geben dem Raum eine Ausstrahlung, die er so nie hatte.
Nach über 60 Jahren ist die Dauerausstellung in die Jahre gekommen und die Erwartungen des Besuchers von heute an ein Museum haben sich geändert. Der möchte, so Museumsleiterin Späth, „dass eine Ausstellung ihm Geschichten erzählt – und das möglichst spannend. Wir wollen einen lebendigen Eindruck vom Aschacher Schlossgeschehen erzählen.“
Bloß kein Disneyland!
Anders als bislang soll auch, als wichtiger Teil des Lebens, die Küche zugänglich gemacht werden. Und dann könnten eben Küchengeräusche Geschichten vom Alltag erzählen. Oder Schatten von Dienstboten, die durch die Gänge gleiten. Oder eine – natürlich virtuell – noch rauchende Zigarre im Aschenbecher, als quasi-Relikt eines Besuchs von Reichskanzler Otto von Bismarck. Oder ein Esstisch, der nicht – wie derzeit – aufgeräumt ist, sondern aussieht, als seien die Herrschaften soeben vom Essen aufgestanden.
Aktuelle Technik
„Man muss den Besucher überraschen“, weiß Museumsgestalter Ulrich Schwarz. In unserem multimedialen Zeitalter, in dem jeder immer alles nachschlagen kann, sei das schwieriger als vor einem halben Jahrhundert. Schrill dürfe die Inszenierung bei der Suche nach dem Überraschungseffekt aber nicht werden. Gerade in den historischen Räumen müsse man behutsam vorgehen: „Es soll ja kein Disneyland werden.“ Das „Voyeuristische“ könne man trotzdem dezent bedienen, so der Professor der Berliner Universität der Künste. „Zum Beispiel: Was haben die gegessen und getrunken?“
Dafür braucht es aktuelle Technik. Die lasse sich unauffällig ins historische Ambiente einbinden, sagt Schwarz: „Einen modernen Projektor kann man zum Beispiel wie eine altertümliche Laterna magica aussehen lassen.“ Der Besucher soll die Technik nicht bewusst wahrnehmen, ihre Effekte – auch besseres Licht – aber dennoch spüren.
Derzeit verhindern Absperrungen das volle Abtauchen in die Atmosphäre der Luxburg-Ära. Ganz ohne Absperrungen wird es auch in Zukunft nicht gehen. Schon aus Sicherheitsgründen. Aber man denke über Lösungen nach, sagt Annette Späth. Damit der Besucher meint, er sei irgendwo am Eingang des Schlosses unbemerkt in eine Zeitmaschine geraten. Mitte 2019 soll's so weit sein.
Öffnungszeiten: Sonn- und Feiertage 11–17 Uhr. Dienstag bis Samstag nur Führungen (14.15/ 15.15/16 Uhr). Die Saison endet heuer am 10. September.
Schlossbewohner
Nach diversen Besitzern – auch Würzburger Fürstbischöfe waren darunter – residierten ab 1874 die Grafen von Luxburg in dem Schloss im Saaletal, dessen Geschichte bis ins 12. Jahrhundert reicht. Friedrich Graf von Luxburg (1829 bis 1905), Regierungspräsident von Unterfranken und Aschaffenburg, gestaltete das Anwesen nach seinen Vorstellungen um.
Karl Graf von Luxburg (1872 bis 1956) wurde nach dem Tod des Vaters Schlossherr. Der Jurist und kaiserliche Diplomat schenkte Schloss Aschach dem Bezirk Unterfranken – mit der Auflage, es samt Einrichtung zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Festgelegt ist das in einer Schenkungsurkunde, getippt in altmodisch ungleichmäßiger Maschinenschrift und datiert auf den 14. November 1955.
Carola Gräfin von Luxburg, die Frau des letzten Schlossbesitzers, lebte bis zu ihrem Tod 1968 zeitweise in einigen abgetrennten Räumen. Der Museumsbetrieb lief da bereits seit mehr als zehn Jahren.