
Vor gut drei Jahren hat sich die Biermösl Blosn aufgelöst, ihre Mitglieder gehen seitdem getrennte Wege. Während Michael und Stofferl zusammen mit den Schwestern auftreten, macht Bruder Hans Well mit seinen Kindern Musik: Die Wellbappn verstehen sich als verjüngte Version der Biermösl Blosn. Gleich viermal treten sie demnächst in Unterfranken auf: am 13. November in Kleinostheim, am 14. November in Partenstein sowie im nächsten Jahr am 27. Februar in Iphofen und am 14. Oktober in Würzburg. Im Interview spricht der 62-jährige Musiker und Kabarettist Hans Well über Familie, alte und neue Feindbilder und die Frischzellenkur, die seine Kinder seiner Kunst verpasst haben.
Hans Well: Nein, das sind alle. Wenn es noch mehr Kinder wären, wären wir ja noch mehr auf der Bühne (lacht). Die drei waren oft beim Musikspielen dabei, als sie noch klein waren, und hatten schon immer Lust, mal mit mir auf der Bühne zu stehen.
Well: Mit drei Kindern gilt man ja heute schon als kinderreich. Das klingt für mich lächerlich, wir waren daheim 15 Kinder. Das mit der Musikalität ist wohl auf meinen Vater zurückzuführen, einen Volksschullehrer alter Prägung. Wenn man gut gesungen hat, hat man im Rechnen einen Einser gehabt, auch wenn man da eigentlich eine totale Null war.
Well: Unsere Kinder haben immer mitgekriegt, dass wir uns daheim mit Themen befassen, die die Politik, die Gesellschaft oder das Dorf betreffen. Und vor allem, dass man jeden Tag Zeitung liest. Und Gott sei Dank ist das bei unseren Kindern immer noch so, dass sie sich nicht bloß aus dem Internet informieren. Sie schauen auch Kabarettsendungen wie die „Anstalt“ oder die „heute-Show“.
Well: Das halte ich für ein Gerücht. Meine Kinder und deren Freunde interessieren sich sehr wohl für politische Themen wie TTIP oder das Thema Umwelt allgemein und engagieren sich gegen Rechtsradikalismus. Gerade im Moment arbeiten ja viele Jugendliche für Flüchtlingsorganisationen.
Well: Ich mache die Texte, so wie ich das schon bei meinen Brüdern gemacht habe, das war immer schon mein Part. Wir sprechen darüber, und es kommen Anregungen, die eingebaut werden. Die Vertonung machen die Kinder – die alle schon einen Kopf größer sind als ich. Meine Frau kümmert sich um die Termine, so wie das früher mein Bruder Michael gemacht hat. Wir bestimmen uns selber und können da auftreten, wo es uns gefällt.
Well: Das hält sich die Waage. Wer mit der Familie was macht, muss mit der Familie auch leben. Aber die Kritik ist eigentlich immer konstruktiv, und ich nehme sie sehr ernst. Die Kinder haben, genauso wie früher meine Brüder, ein sehr gutes Gespür für Texte.
Well: Natürlich verändern sich die Zeiten und auch die Themen. Es war nie so, dass wir mit erhobenem Zeigefinger auf der Bühne gestanden sind. Es soll ja schließlich unterhaltsam sein. Aber wir Biermösln sind damals ein bisschen stehengeblieben, wollten Bewährtes nicht aufgeben. Was unsere Qualität lange Zeit ausgemacht hat, war, dass wir akut waren: Wir waren der Zeit fast einen Schritt voraus. Mit den Wellbappn ist das wieder so.
Well: Unterschätzen Sie bayerischen Nachwuchspolitiker nicht! Das ist ein Jungbrunnen. Schauen Sie sich doch mal die Typen an: Dobrindt, Söder, Aigner. Die wirken auf mich eher lächerlich. Auch im Vergleich zu Seehofer oder Stoiber war der Strauß ein G‘standener, der hat Statur gehabt, wie auch immer man das bewerten mag, aber er war eine Persönlichkeit mit Haltung. Fragen Sie mal nach der Haltung vom Seehofer (lacht)!
Well: Vor allem die Gesellschaft, in der man lebt. Das geht von Fußball-Müttern am Spielfeldrand über VW bis hin zum Oktoberfest. Politik kommt natürlich auch vor: zum Beispiel diese Jahrhundertidee von der Maut und ihre geniale Umsetzung oder das Thema Flüchtlinge. Man macht halt die Augen auf, und dann ergeben sich Themen, die ganz gut in der Zeit liegen.
Well: Es mischt sich gut. Wenn ich sehe, dass das Kabarett-Publikum sehr in die Jahre gekommen ist, dann ist es schön, dass man bei uns auch jüngere Köpfe sieht. Ich will da gar nicht werten, ein gutes Publikum ist ein gutes Publikum. Aber viele Themen betreffen ja in der Konsequenz vor allem junge Leute, und ich freue mich, dass die auch drin sitzen.
Well: Ja, aber die unterscheidet sich ein bisschen von dem, was wir machen. Bei uns sind die Texte auch sehr wichtig. Diese sogenannte Neue Volksmusik ist eine unglaublich gute Musik, aber es findet relativ wenig Auseinandersetzung mit der Lebenswirklichkeit statt. Das, was wir mit der Biermösl Blosn gemacht haben, gibt es außer den Wellbappn kaum.
Well: Glaub' ich nicht. Meine Brüder treten viel mit unseren Schwestern als Geschwister Well auf, und das Programm mit den Wellbappn hat sich super eingespielt. Jemand hat einmal geschrieben: „Wie die Biermösl Blosn nach einer Frischzellenkur.“ Das Spielen macht mir wieder unglaublich viel Spaß, und dieser Spaß ist unbezahlbar.
Hans Well
Hans Well wurde 1953 in Willprechtszell (Lkr. Aichach-Friedberg) geboren und wuchs als neuntes von 15 Kindern auf. Er studierte Pädagogik mit Germanistik und Geschichte. Mit 24 Jahren wurde er schlagartig berüchtigt durch seine Umtextung der Bayernhymne in „Gott mit Dir Du Land der BayWa“. Mit seinen Brüdern Michael und Christoph Well begeisterte er als Biermösl Blosn 35 Jahre lang das Publikum, sie standen oft auch mit Dieter Hildebrandt, Jörg Hube und Gerhard Polt auf der Bühne. Hans Well schrieb bis zum Ende 2012 nicht nur alle Texte der Biermösl Blosn, sondern zusammen mit Gerhard Polt auch gemeinsame Programme für die Kammerspiele und das Residenztheater in München.
Er textete sogar Gstanzl für die Toten Hosen. Zu den Instrumenten, die Well spielt, gehören Gitarre, Steirische Harmonika, Bratsche, Saxophon, Trompete, Sopran-Jagdhorn und Tenor-Alphorn. Nach der Trennung der Biermösl Blosn formierte Hans Well mit seinen drei Kindern Sarah (geboren 1991), Tabea (geboren 1993) und Jonas (geboren 1996) die Wellbappn. Ihr zweites Album („Schneller“) ist soeben bei Hörkunst (Vertrieb Indigo) erschienen. Die Familie lebt in der Nähe des Ammersees. HW/WP