Eine offizielle Feier zu seinem 85. Geburtstag hatte sich Günter Grass verbeten. Stattdessen hatte er sich gewünscht, dass sein Werk und dessen Präsentation angemessen gewürdigt werden sollten. Dieser Wunsch ist ihm erfüllt worden. Zwei Tage vor seinem Geburtstag am 16. Oktober ist am Sonntagabend in Lübeck das neu gestaltete Günter-Grass-Haus offiziell eröffnet worden. Mit dabei waren neben Grass und seiner Familie auch zahlreiche Freunde und Weggefährten des Literaturnobelpreisträgers.
Streitlustig und streitfähig
Grass war bester Laune, als er – in einen warmen Mantel gehüllt – der Musik von Helge Schneider und seiner Jazzband sowie den Grußworten lauschte. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) würdigte Grass als streitbaren Geist und wertvollen Impulsgeber für die Gesellschaft, der die deutsche Literatur in der Welt repräsentiere wie derzeit kein Anderer. „Unsere Gesellschaft braucht Menschen wie Günter Grass, die streitlustig und auch streitfähig sind“, sagte Albig.
Später las Grass einige Gedichte aus seinem neuen Band „Eintagsfliegen“. Als er während des Vortrages um etwas zu Trinken bat und ein Glas Mineralwasser gereicht bekam, stellte er mit Bedauern fest: „Früher hat man mir in dieser Situation Rotwein gereicht.“ Als er zum Schluss dann noch ein Glas seines geliebten Rotweines erhielt, stellte er fest: „Man muss eben nur den Mund aufmachen.“
Kritik am Israel-Gedicht
Rund 400 geladene Gäste waren der Einladung des Grass-Hauses zur Neueröffnung gefolgt, darunter viele Größen der Kulturszene, wie die Schriftsteller Feridun Zaimoglu und Eva Menasse sowie der Maler und Bildhauer Markus Lüpertz. Altkanzler Gerhard Schröder, der sich vor zehn Jahren für die Einrichtung des Hauses stark gemacht hatte, lobte nach einem ersten Rundgang das neue Ausstellungskonzept, das stark auf digitale Medien setzt.
Eva Menasse erneuert ihre Kritik an Grass' israelkritischem Gedicht „Was gesagt werden muss“. „Ich halte das Gedicht für eine Torheit“, sagte sie. Grass konterte: „Ja, es war eine Torheit, das so auszusprechen. Aber es war eine notwendige Torheit.“