
„Mit Liedern, die wir alle verstehen“ sind die Kastelruther Spatzen nach Würzburg gekommen. Und darauf können sich die 1000 Besucher im CCW verlassen. Die Textzeile ist Programm. Musikalisch, gesanglich und lyrisch sind die zwei Stunden so überschaubar wie sie verlässlich das Publikum unterhalten und zufriedenstellen. Und darauf kommt es in der volkstümlichen Schlagerwelt nun einmal an.
Bühnenromantik aus Pressspan
Eine Berghütte links, ein Gipfel rechts, ein bisschen Almwiese, alles aus handelsüblichem Pressspan, fertig ist die Bühnenromantik. Showeffekte brauchen die sieben Südtiroler nicht, ein paar Dias im Wechsel, gut ist's. Stattdessen bedienen sie, nahezu reglos, treu die Erwartungen und Sehnsüchte ihrer Fans. Jedem Thema sein Song: Stimmung („Planet der Lieder“), Romantik („Die Rose von Südtirol“), Heimat („Spiel mir ein Lied aus der Heimat“), Freundschaft und Familie („Ich schau' mit Freude zurück“). Ach ja, geschmachtet wird auch („Ein Leben lang“).
Das ist eine runde Sache. Es ist fraglos eine Kunst, Banales bar jeder Schamesröte so beharrlich wie erfolgreich unters Volk zu bringen. Und es ist auch eine Kunst, das von den Südtirolern im Ersten Weltkrieg erlebte Grauen zur Banalität werden zu lassen, ohne dass Jemand murrt. „Die Tränen der Dolomiten“ tut's – und selbst die Ältesten im Saal schunkeln lieber, als sich zu besinnen. Und, ja, das passt schon. Sie sind gekommen, eine heile Welt zu erleben – und dürfen zwei einstündige Halbzeiten lang nach Herzenslust eintauchen.
In die Pause werden sie entlassen mit dem Vermerk auf den Verkaufsstand, wo's neben CDs und Autogrammkarten – man höre und staune – auch ein Kastelruther-Spatzen-Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel zu erwerben gibt.
Ärgern durften sich die Fans der seit 1975 aktiven Volksmusiker vor sechs Jahren tatsächlich mal für einen Moment. Denn 2012 war durchgesickert, dass sie auf Platten-Veröffentlichungen schon lange nicht mehr selbst zum Instrumentarium gegriffen hatten. Lediglich Sänger Norbert Rier war in Originalstimme zu hören, den Rest erledigten professionelle Studiomusiker. Ob nun der einfacheren Abwicklung der Produktion (wie die Band sagt), oder der mangelnden künstlerischen Qualität (wie Kritiker behaupteten) wegen, wird wohl niemals bewiesen.
Kunst ist nun mal schwer messbar und bei einem Auftritt der Kastelruther Spatzen sekundär. Es werden Gefühle transportiert und diese Kunst beherrschen die Sieben aus dem Effeff.
Live ist live bei den Südtirolern, das betont Rier gleich zu Beginn. Und fürwahr klingt's authentisch, die Atmosphäre liegt irgendwo zwischen Weinfest, Bierzelt und Tanzboden. Die zweite Konzerthälfte gehört, wie soll's anders sein, den Klassikern. Zu „Aber dich gibt's nur einmal für mich“ schwingt ganz hinten ein Paar in Tracht das Tanzbein und bei „Eine weiße Rose“ gibt's ohnedies kein Halten mehr, da wird vor der Bühne geschunkelt was das Zeug hält.
An Verdi vergriffen
Nur am Ende, da passiert es diesen Profis dann doch: Sie greifen daneben. Dass Verdis „Va pensiero“ volkstümelnd funktionieren kann, hat weiland der platinblonde Heino bewiesen – bei den Spatzen funktioniert es nicht. Wie auch, als Walzer! Aber zur Entschädigung gibt es ja noch ein schmusiges „Ciao Amore“ und Riers Verspechen „bis zum nächsten Mal“. Alles steht, Party – und Schluss.
Veranstalter des Kastelruther-Spatzen-Konzerts: Bühnenbild nicht aus Pressspan gebaut
In obigem Bericht schreibt unser Autor, das Bühnenbild sei aus „handelsüblichem Pressspan“ gewesen. Dem widerspricht nun Veranstalter Argo Konzerte: Die Bühnenkulisse sei nicht aus Pressspan gebaut, was auch nicht den Bühnenbauvorschriften entspräche, sondern „aus hochwertigem Glasfasermaterial“. Auch mit der genannten Zuschauerzahl von 1000 ist der Veranstalter nicht einverstanden. Es seien 1300 gewesen, so die Mitteilung von Argo. maw