„Die Glasmenagerie“ zeigt den Abstieg einer Familie. Katharina Thalbach bricht jedoch die melancholische Grundstimmung durch komödiantische Momente.
Drei Generationen Thalbach in einer Aufführung. Vor fast zwei Jahren brachte dies für die Komödie am Kurfürstendamm in Berlin einen wahren Promi-Auftrieb. Katharina Thalbach führte Regie, ihre Tochter Anna und ihre Enkelin Nellie spielten Mutter und Tochter, nämlich Amanda und Laura Wingfield, in Tennessee Williams „Die Glasmenagerie“. Inzwischen ist das Stück auf Tournee und sorgte im Schweinfurter Theater für ein fast voll besetztes Haus und reichlich Beifall für ein starkes Ensemble.
Das stark autobiografisch geprägte Stück spielt in den 1930er-Jahren in den USA, während der großen Depression. Amanda Wingfield, die einer wohlhabenden Südstaatenfamilie entstammt, hat einen gewaltigen sozialen und gesellschaftlichen Abstieg hinter sich und lebt, nachdem ihr Mann abgehauen ist, mit ihren beiden erwachsenen Kindern in einer düsteren Kleinstwohnung.
Bedrückende Räume ohne Wände
So ganz will sie die Situation nicht annehmen, sie bemüht sich die Familie zusammenzuhalten und nervt mit ihrem unzügelbaren Sermon und ständigem Herumerziehen. Der Sohn bringt als Lagerarbeiter ein bisschen Geld nach Hause, wo sich die leicht gehbehinderte Tochter vergraben hat und sich hinter ihrer Glasmenagerie, dem Bild des Vaters und dessen scheppernden Schallplatten versteckt.
Ezio Toffolutti, einer der aktuell spannendesten Bühnenbildern, verzichtet auf Wände, lässt seine bedrückenden Räume aus langen beweglichen Vorhängen entstehen. Als Amanda sie einmal hochbindet, wenn der Besuch eines vermeintlichen Bräutigams ansteht, kommt Licht und ein bisschen Hoffnung in diese Tristesse.
Dass an diesem Abend oft gelacht werden darf, ist der Regie Katharina Thalbachs zu verdanken, die die melancholische Grundierung durch komödiantische Elemente bricht, wenn Amanda beispielsweise die Tochter für das erste Date aufschmückt und ihr zwei Wattepolster in den BH steckt. Anna Thalbach spielt diese tragisch-komische Amanda furios. Herrschsüchtig, zu tiefst verletzt, aufbrausend, tieftraurig und dies mit dem unverkennbaren, leicht nöligen Thalbach-Sound.
Schüchtern, gescheitert, beliebt
Die sensible Nellie Thalbach gibt die Laura mit schüchternem Blick und hochgezogenen Schultern völlig verhuscht. Louis Helds Tom ist ein Gescheiterter. Die Arbeitet ödet ihn an, heimlich schreibt er Gedichte, flüchtet allabendlich ins Kino. Er ist wütend auf die nervige Mutter, sucht dann wieder die Nähe, doch letztlich will er weg.
Sven Scheele ist Jim, der Superstar von der Highschool, den Laura einmal verehrt hat. Ein Musicalstar wurde er nicht. Er ist auch ein Gescheiterter, der der Versuchung nicht wiederenstehen kann, seine Verführungskünste wieder zu beleben. Für einige Momente erfährt Laura Glück, das jedoch zerbricht wie eine ihrer Glasfiguren, als sich Jim zu seiner Verlobten davonmacht.