Wenn Axel Petermann einen Mord aufzuklären hat, zieht er sich in den Keller zurück. Plastiksäcke stapeln sich in dem dunklen Flur, es riecht nach Haschisch. Irgendwo in der Nähe befindet sich ein Lager der Drogenfahndung. Ansonsten verirrt sich nur selten jemand in die Tiefen des Bremer Polizeipräsidiums. Die Wände von Petermanns Reich sind mit Zetteln gepflastert. Nüchtern tragen sie die Details eines grausigen Verbrechens zusammen.
„Der Fall ist gelöst“, sagt der Kriminalkommissar. Mit Zettel, Stift und Köpfchen. Wilde Schießereien und Verfolgungsjagden wie im Fernsehen gehören eher selten zu seinen Ermittlungsmethoden. Trotzdem hat Petermanns Arbeit viel mit Deutschlands beliebtester Krimireihe, dem „Tatort“, zu tun. Seit mehr als zehn Jahren berät er die Macher der Bremer Ausgabe. Außerdem dienten vier seiner Fälle, über die der 60-Jährige bereits zwei Bücher geschrieben hat, dem Frankfurter TV-Ermittlerduo als Vorlage – natürlich etwas abgewandelt.
Der Tod von Uwe Barschel
Immer wenn sich die Bremer „Tatort“-Kommissare Inga Lürsen und Nils Stedefreund – wie zuletzt am 9. Juni in „Er wird töten“ – an die Fersen eines Mörders heften, steckt auch ein bisschen Petermann in ihnen. Als Annette Strelow die Sendung vor Jahren als Redaktionsleiterin übernahm, holte sie den Kriminalexperten an Bord. „Der ,Tatort‘ sollte sich immer einem gewissen Realismus verpflichtet fühlen“, meint sie. Seitdem hilft Petermann dabei, die Geschichten zu entwickeln, liest die Drehbücher und macht Vorschläge, wenn ihm etwas nicht logisch erscheint.
Auch andere „Tatort“-Teams arbeiten mit Beratern zusammen. So haben die Krimi-Macher beim WDR feste Ansprechpartner bei der Polizei in Köln und Dortmund, die bei Recherche-Fragen weiterhelfen. Wenn es um die Dramaturgie gehe, würden diese aber nicht einbezogen, erläutert WDR-Sprecherin Barbara Feiereis. Die Kollegen vom NDR entscheiden je nach Geschichte, ob sie Experten hinzuziehen.
Bei „Borowski und der freie Fall“ aus Kiel, der den Tod von Uwe Barschel aufgriff, wirkte zum Beispiel Winfred Tabarelli mit. Der pensionierte Polizist leitete damals die Ermittlungsgruppe zum Fall des toten CDU-Politikers. Trotz all der Experten – authentisch geht es in der ARD-Krimireihe nicht zu.
Der Alltag von Petermann besteht mehr aus mühsamer Puzzlearbeit denn aus actiongeladenen Einsätzen. „Man arbeitet von der ersten Minute an der Spur.“ Als Profiler wertet er akribisch jedes Detail vom Tatort aus, stellt mit Kollegen im „Tatortzimmer“ im Keller das Verbrechen minutiös nach. Im Vergleich dazu sind die „Tatort“-Kommissare wahre Superhelden. „Die lösen die Verbrechen immer superfix. Es fehlt das Verlieren in falschen Fährten“, meint Petermann. Aber das ist für ihn in Ordnung: „Das ist ja keine Doku. Der ,Tatort‘ soll schließlich unterhalten.“
Dass aber auch das wahre Leben gute Geschichten schreibt, beweist Petermann in seinen Büchern. In ihnen berichtet er von seinen spektakulärsten Fällen und den Methoden der Ermittler. Dabei wird das deutlich, was er die Banalität des Bösen nennt. Menschen morden aus trivialen Gründen. Nicht immer steckt eine Verschwörung oder ein ausgeklügelter Plan dahinter. Zum Zyniker ist Petermann in all den Jahren jedoch nicht geworden. „Auch wenn die Taten böse sind, die Menschen sind es oft nicht.“