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Der Maler des Lichts - Max Liebermann starb vor 75 Jahren
Max LiebermannDer Berliner stieg vom „Schmutzmaler“ zum Porträtisten der Bürger auf und wurde als Jude von den Nazis verfemt. Heute ist sein Todestag.
Rückzugsort: Max Liebermann malte Haus und Garten in Wannsee mehrfach. Das Bild entstand 1926.
Foto: dpa | Rückzugsort: Max Liebermann malte Haus und Garten in Wannsee mehrfach. Das Bild entstand 1926.
Von epd-Mitarbeiterin Sigrid Hoff
 |  aktualisiert: 07.02.2010 19:26 Uhr

Kaum 100 Menschen folgten dem Sarg auf den Jüdischen Friedhof an der Schönhauser Allee in Berlin. Keine Zeitung widmete dem Maler einen Nachruf. Als Max Liebermann vor 75 Jahren, am 8. Februar 1935, starb, war der langjährige Berliner Ehrenbürger und Akademiepräsident verfemt und als Jude ausgegrenzt. Noch wenige Jahre zuvor war er zu seinem 80. Geburtstag mit Ehrungen geradezu überhäuft worden.

Liebermann, einer der erfolgreichsten Maler Deutschlands, wurde 1847 in eine wohlhabende jüdische Industriellen-Familie hineingeboren. Als er zwölf Jahre alt war, erwarb sein Vater, Louis Liebermann, ein später im Baedeker-Reiseführer aufgeführtes Palais direkt neben dem Brandenburger Tor. Der neue Wohnsitz war ein Symbol dafür, dass die Liebermanns in die höchsten Kreise des Berliner Bürgertums aufgestiegen waren. Zentraler konnte man nicht wohnen. Wenn man in der Reichshauptstadt fragte, wo Max Liebermann wohne, dann hieß es knapp: „Wenn man nach Berlin reinkommt, gleich links“. Und Thomas Mann formulierte zum 80. Geburtstag des Künstlers 1927: „In Liebermann bewundere ich Berlin.“

Der Familie war es schwer gefallen, den zeichnerisch begabten Sohn Maler werden zu lassen. Pro forma schrieb sich der 19-Jährige an der Universität im Fach Chemie ein. Ein Kolleg besuchte er nie. Lieber ritt er im Tiergarten aus und nahm Zeichenunterricht. Nach der Exmatrikulation wegen „Studienunfleiß“ ging er zum Kunststudium nach Weimar. 1872 entstand sein erstes großes Ölgemälde: „Die Gänserupferinnen“. Die Reaktion war verheerend: Die Kritik lobte einerseits die geschickte Malweise, diffamierte den Künstler, der erstmals Szenen aus dem Leben der einfachen Leute zum Bildgegenstand machte, aber gleichzeitig als „Maler des Hässlichen“.

Das Etikett des „Schmutzmalers“ haftete dem Millionärssohn lange an. Doch unbeirrt entwickelte er seinen eigenen Stil, den er auf vielen Reisen in die Niederlande und nach Frankreich perfektionierte – am Beispiel holländischer Vorbilder wie Frans Hals (um 1585 bis 1666) ebenso wie anhand der Freiluftmalerei der französischen „Schule von Barbizon“. Der Erfolg stellte sich erst allmählich ein. 1884 kehrte Max Liebermann endgültig nach Berlin zurück und heiratete Martha Marckwald, eine wohlhabende Berliner Jüdin. Ein Jahr später wurde die einzige Tochter geboren, kurz darauf nahm Liebermann erstmals wieder an einer Ausstellung der Akademie der Künste teil.

Nun würdigte ihn die Kritik als einen herausragenden Vertreter der Moderne. In den Folgejahren wandelte sich sein Stil hin zu einem immer stärker von der französischen Kunst beeinflussten Impressionismus. Liebermann wurde, wie seine französischen Vorbilder, zum Maler des Lichts. Als Mitbegründer der„Berliner Secession“, die für eine Erneuerung der Malerei eintrat, erregte Liebermann immer wieder den Unmut des Kaisers. Dennoch: Um 1900 war der Künstler vom „Apostel des Hässlichen“ zu einem gefragten Porträtisten des Bürgertums geworden. Walter Rathenau urteilte später im Berliner Tageblatt: „In Liebermann malt das neue, großstädtisch mechanisierte Preußen sich selbst.“

Sommerhaus am Wannsee-Ufer

1910 ließ Max Liebermann sich am Wannsee-Ufer ein Sommerhaus errichten, sein „Schloss am See“. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, als Liebermann die Sommermonate nicht mehr in Holland verbringen konnte, wurde die Villa mit ihrem malerisch gestalteten Garten sein Rückzugsort und das wichtigste Motiv seines Spätwerks. Nach Kriegsende übernahm Liebermann 1920 das Amt des Präsidenten der Akademie der Künste. Die Sezessionsbewegung war zerfallen, Liebermann selbst schon lange nicht mehr ihr wichtigster Repräsentant. Seine Werke galten als „Klassiker“ und wurden in der Nationalgalerie in einem eigenen Kabinett präsentiert. Seinen Kritikern, die ihm Konservatismus vorwarfen, hielt er entgegen: „Der wahre Künstler strebt nach nichts anderem, als: zu werden, der er ist.“

Ein Selbstporträt von 1933 zeigt den Künstler zwei Jahre vor seinem Tod: Im Blick ist die Resignation zu spüren, die Ahnung des Kommenden. Kurz zuvor hatte er bereits freiwillig sein Amt als Akademiepräsident niedergelegt.

Als am 31. Januar 1933 die neuen nationalsozialistischen Machthaber unter seinen Fenstern durchs Brandenburger Tor marschierten, reagierte Max Liebermann in der für ihn typischen, drastischen Art: „Ick kann jarnich soville fressen, wie ick kotzen möchte.“ Nach der Bücherverbrennung im Mai 1933 verließ Liebermann sogar die Akademie: „Nach meiner Überzeugung hat Kunst weder mit Politik noch mit Abstammung etwas zu tun.“ Bis zu seinem Tod am 8. Februar 1935 lebte Max Liebermann zurückgezogen am Pariser Platz und in seiner Wannsee-Villa. Seine Frau Martha überlebte ihn nur um wenige Jahre. Um der Deportation durch die Nationalsozialisten zu entgehen, nahm sie sich 1943 das Leben.

Max Liebermann, 1932.
Foto: dpa | Max Liebermann, 1932.
 
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