Der einflussreiche Jazzsänger Theo Bleckmann (50) kommt auf seiner Europatournee zum ersten Mal nach Würzburg. Er beschließt am Sonntag das 32. Jazzfestival (siehe Kasten) mit dem Julia Hülsmann Trio. Seit 27 Jahren lebt der gebürtige Dortmunder in den USA, tritt dort in den bedeutendsten Hallen auf und gibt ausgebuchte Workshops. Ein idealer Gesprächspartner über den Komponisten Kurt Weill, das Singen und das Musikgeschäft.
Theo Bleckmann: Das kann vermutlich keiner sicher beantworten, genauso wenig wie die Frage, warum es so wenige Schlagzeugerinnen gibt.
Bleckmann: Das könnte miteinander zusammenhängen, und führt zu einem sozialen Thema: Wenn Männer sich fein und filigran mit ihrer Stimme auseinandersetzen, dann müssen sie befürchten, für weiblich gehalten zu werden. Im Rock-Gesang dagegen geht es um Stärke und Kraft in der männlichen Stimme, da droht nicht unbedingt dieselbe Gefahr.
Bleckmann: Das glaube ich nicht, das ist eher eine Geschmackssache. Viele beginnen, Jazzgesang zu studieren, weil sie in erster Linie nicht klassischen Gesang studieren wollen. Jazz bildet ganz sicher eine solide musikalische Grundlage, aber dann fühlen sie sich vielleicht in der Jazzmusik doch nicht zu Hause und finden einen anderen Weg.
Bleckmann: Danke für das Kompliment! Etwas Kompliziertes wird ganz einfach oder wirkt zumindest ganz einfach, wenn es relaxed in meinem Körper klingt, wenn sich beim Singen Entspannung einstellt.
Bleckmann: Nein, ich sehe mich nie als Akteur oder Schauspieler. Man muss den emotionalen Hintergrund eines Lieds spüren und auf sich selbst beziehen können. Diese Gefühlswelt liegt auch bei Songs aus vergangenen Epochen oft näher, als man sich zugesteht. Dazu muss ich mir nicht extra noch einen Hut aufsetzen.
Bleckmann: Alles. Aber vor allem steht Kurt Weill an einer komplexen Stelle in der Geschichte – klassische Komponisten fingen an, populäre Musik zu schreiben. Von dieser Stelle haben wir uns weitgehend abgekoppelt. Bei Weill gehen Kunst und Entertainment so ganz frisch zusammen. Und er komponierte sehr detailreich. Wenn man die Originalpartituren anschaut, sieht man vieles ausnotiert, was im Jazz, wo man mit Akkordzeichen arbeitet, leicht verloren geht.
Bleckmann: Wenn ich mit Julia auftreten kann, mach ich das sofort. Außer dem Kurt-Weill-Programm haben wir mehrere andere Projekte. Wir arbeiten ein bisschen wie eine Rockband, legen das Material in die Mitte und jeder entwickelt Vorschläge. Aber – kleine Festivals: Die sind oft schöner für die Künstler. Wir hören mehr Konzerte von Kollegen, weil nicht so viel gleichzeitig läuft, wohnen im selben Hotel. Bei den ganz großen Festivals hört man seine Kollegen seltener, weil oftmals die Konzertsäle über die ganze Stadt verteilt sind.
Bleckmann: Wir mögen uns gegenseitig sehr, Italien und ich. Dass ich so oft da singe, liegt aber auch an meinen Managern und den Managern von Künstlern, mit denen ich zusammenarbeite: Wer jetzt mit wem in Verbindung steht . . .
Bleckmann: Das, das aus einem Menschenkopf kommt, dessen Reste dann in einen Essensteller klatschen. Ich wurde zu einer Recording Session eingeladen und sollte etwas auf Alienisch improvisieren. Damals hätte ich nie gedacht, dass so was Absurdes Erfolg hat.
Bleckmann: Bei „Hoodwinked 2“ singe ich „Kung Fu Fighting“ in einer Jodelversion. Meine Stimme gibt es nur in den verrücktesten Ecken von Hollywood.
Bleckmann: Es ist auf jeden Fall etwas Besonderes, schon weil erstmals ein männlicher Jazzsänger eine eigene Platte bei ECM rausbringt. Das Label pflegt eine wichtige Ästhetik. Und wahnsinnig viele ECM-Platten waren und sind für mich musikalisch sehr wichtige Wegweiser.
Bleckmann: „Elegy“ enthält viele Stücke über Tod und Vergänglichkeit, aber nicht dunkel oder traurig, sondern transzendent und transparent. Da erklingt ein Zen-Gedicht, die meisten Lyrics habe ich selbst geschrieben. „Elegy“ ist ein Epitaph für meine Mutter, die vor einem Jahr starb, deren Gedenken ich bei den Aufnahmen zelebriere.
Bleckmann: Nicht unbedingt, viele gute Jazzlabels sind ja in Deutschland zu Hause.
Würzburger Jazzfestival
Das 32. Jazzfestival der Jazzinitiative Würzburg beginnt an diesem Freitag, 20.30 Uhr, mit Harold Lloyds Stummfilm „Safety Last“ zu Musik von „Küs-pert & Kollegen“ – die letzte Vorstellung des Central am alten Standort. Am Samstag spielen im Felix-Fechenbach-Haus (Stadtteil Grombühl) ab 19 Uhr das elfköpfige Rebecca Trescher Ensemble 11, das Contrast Trio (Elektro-Ambient) und die fetzige Saxofonistin Nicole Jo.
Am Sonntag um 11 Uhr ist Nachwuchswettbewerb, ab 19 Uhr spielen das Joe Krieg Sextett (Gitarrenquartett mit Bläsersatz), das Bastian Jütte Quartett (mit Bassist Henning Sieverts) und Julia Hülsmanns Trio mit Theo Bleckmann. Vorverkauf: Tourist-Information Falkenhaus und Buchladen Neuer Weg.
Informationen im Internet: www.jazzini-wuerzburg.de