zurück
WILLANZHEIM/IPHOFEN
Der Goldschatz aus der Güllegrube
Florentiner Goldmünzen – gefunden in Willanzheim im Jahr 1853. Der Fund befindet sich normalerweise im Tresor der Staatlichen Münzsammlung in München, derzeit ist er im Iphöfer Knauf-Museum zu bewundern.
Foto: Staatliche Münzsammlung München | Florentiner Goldmünzen – gefunden in Willanzheim im Jahr 1853. Der Fund befindet sich normalerweise im Tresor der Staatlichen Münzsammlung in München, derzeit ist er im Iphöfer Knauf-Museum zu bewundern.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 27.04.2023 05:18 Uhr

Die Überraschung lauerte in einer Güllegrube. Wir schreiben das Jahr 1853. In einem Hof in Willanzheim, das damals den Grafen von Castell gehörte, wird gleich nichts mehr so sein, wie es vorher war: Ortsvorsteher Kaspar Käppner hatte sich auf mühsame Drecksarbeit beim Abriss der Grube eingestellt, als er auf einen Haufen Münzen stößt. Wobei das nicht irgendwelche Münzen sind – sondern ein bedeutender Goldschatz.

Wie sich später herausstellen soll, stammen sämtliche Goldmünzen des Sensationsfundes aus Florenz, geprägt zwischen 1252 und 1345. Die Florentiner Goldmünzen, so werden es Experten sehr genau einordnen, gehören zu den wichtigsten Schatzfunden von Goldflorenen. Der Name der Münze, Fiorino d‘oro (Goldfloren), erklärt sich aus dem Namen der Stadt sowie aus dem Münzbild der Vorderseite. Sie zeigt eine kräftig gezierte Lilie, das Wappen von Florenz. Insgesamt bestand der Fund aus 163 Münzen. Die dürfte Kaspar Käppner bald schon verkauft haben – jedenfalls verliert sich die Spur des Schatzes schnell.

Der Fund geriet über viele Generationen hinweg in Vergessenheit. Selbst in der Orts-Chronik von Willanzheim und im Archiv findet sich scheinbar kein noch so kleiner Hinweis auf die aufregenden Geschehnisse von 1853.

Die Familie Medici als größte Finanzmacht Europas

Wir machen einen Sprung ins Jahr 2013. Die Münzen sind wieder da! Zumindest ein Teil davon. Erstmals werden sie in der Ausstellung „Die Medici – Menschen, Macht und Leidenschaft“ im Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim öffentlich gezeigt. Der Münchner Münzsammlung war es gelungen, 57 der 163 Goldmünzen zu erwerben. Dabei spielte scheinbar der Gedanke eine Rolle, einen Querschnitt zu bilden: Auffällig ist jedenfalls, dass keine Variante zweimal vorkommt. Was mit den übrigen Münzen geschah und wo sie sich heute befinden, liegt im Dunkeln.

Zu der Ausstellung in Mannheim fährt damals auch eine hocherfreute Willanzheimer Bürgermeisterin Ingrid Reifenscheid-Eckert: „Der Fund zeigt die wichtige mittelalterliche Bedeutung von Willanzheim.“ Gleichzeitig kann auch sie kaum glauben, dass bis vor wenigen Jahren niemand mehr vor Ort von diesem Schatz gewusst habe.

Dass es sich bei dem Willanzheimer Schatz um Münzen aus Florenz handelte, mag heutzutage überraschen. Zur damaligen Zeit war der Handel mit den Münzen jedoch völlig normal, wie im Ausstellungskatalog von 2013 detailliert beschrieben wird: Die Familie Medici bestimmte 350 Jahre von Florenz aus die Geschichte Europas mit. Ab Ende des 13. Jahrhunderts besetzten die Medici zunächst entscheidende Ämter in der Florentiner Stadtregierung. Die Medici-Bank stieg auf und wurde zur ersten Finanzmacht Europas.

Erstmals sind die Münzen wieder in der Nähe zu bewundern

1252 begann man in Florenz schließlich mit der Prägung von etwa 3,5 Gramm schweren Goldmünzen. Es war laut Ausstellungskatalog die erste umfangreiche Goldprägung im christlichen Europa, wo man seit karolingischer Zeit üblicherweise mit Silbergeld gehandelt hatte.

Und nun befindet sich der Schatz erstmals seit 1853 wieder in der Nähe seines einstigen Verstecks: Die Münzen sind im Iphöfer Knauf-Museum im Rahmen der Sonderausstellung über den Main und die „Archäologie am Fluss“ zu bewundern. Dort rätselt Museumschef Markus Mergenthaler vor der Vitrine mit den 57 glänzenden Münzen, was mit dem Rest des Schatzes passiert sein könnte.

Überhaupt hat er eine Menge Fragen: Wo genau war der Fundort in Willanzheim? Das ist ebenso unklar wie die Frage, wie es dem Finder Kaspar Käppner ergangen ist.

Und vor allem: Wer könnte so ein Vermögen besessen haben – und was führte dazu, dass es ausgerechnet in einer Jauchegrube versteckt wurde? Der Schatz aus der Güllegrube – er wird wohl geheimnisumwittert bleiben.

Die Ausstellung „Frühe Main-Geschichte. Archäologie am Fluss" ist im Knauf-Museum in Iphofen bis zum 5. November zu sehen. Geöffnet: Dienstag bis Samstag von 10 bis 17 Uhr, sonntags von 11 bis 17 Uhr, Tel. (0 93 23) 3 15 28, www.knauf-museum.de

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Iphofen
Frank Weichhan
Ausstellungskataloge
Goldmünzen
Goldschätze
Ingrid Reifenscheid-Eckert
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen