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WÜRZBURG
Der biblische siebte Tag
Der Wochenrhythmus in den Weltreligionen: Eigentlich müssten die Christen den Sabbat als den freien Tag der Woche begehen, doch in Abgrenzung gegenüber dem Judentum verschoben sie ihn auf Sonntag.
Bearbeitet von Pia Lehnfeld
 |  aktualisiert: 28.10.2016 03:54 Uhr

Dass der Samstag für viele Berufstätige der Hauptkampftag ist, Besorgungen zu erledigen, liegt an der weitverbreiteten Fünftagewoche und dem nachfolgenden arbeitsfreien Sonntag, an dem die Läden geschlossen sind. Da bleibt ja nur der Samstag für den großen Lebensmittelwocheneinkauf, den damentypischen Boutiquenbummel oder das männertypische Autowaschen. Vorteile: Man kann sich speziell fürs Wochenende und darüber hinaus mit besonderen Speisen eindecken und am sonnigen Sonntag mit glänzendem Auto glänzen.

Warum ausgerechnet der Sonntag, der absolute Ruhetag ist? Man erinnert sich gerne an Kindertage und die pädagogisch-biblischen Erklärungen, dass Gott sechs Tage brauchte, um die Welt zu erschaffen und sich am siebten ausruhen musste. Klar: Ist ja auch nur ein Mensch! Kurz aufgelacht, dann verfällt man ins Grübeln, sofern Sonntag ist und man Zeit dazu hat.

Heißt das erstens, dass Gott eine Sechstagewoche hatte, aber nur diese eine einzige in seiner unendlich langen Existenz und seitdem ein Sabbatical einlegt? Und bedeutet das zweitens, dass er an einem Montag angefangen hat, den Himmel und die Erde zu schaffen, damit der Sonnen-Tag der freie werde? So könnte es gewesen sein, damals, als er für Adam und Eva das frisch gestylte Paradies als ein frühes All-inclusive mit Verpflegungssystem All-you-can-eat bereitstellte.

Islam pflegt Siebentagerhythmus

Bemerkenswert, dass andere Religionen auch die Siebentagerhythmen pflegen, der Islam beispielsweise. Hier ist das Freitagsgebet in der Moschee bei Anwesenheit eines Imam, der eine Predigt hält, das wichtigste der Woche. Der Gläubige hat frisch gebadet und erscheint pünktlich mit geputzten Zähnen und parfümiert. Einen religiös begründeten freien Tag gibt es bei den Moslems jedoch nicht.

Anders bei den Juden: Auch in dieser monotheistischen Religion geht man davon aus, dass die Hardware der Welt seinerzeit in fünf Tagen geschaffen wurde, Gott am sechsten Tag Adam und Eva hineinstellte und sich am siebten Tag eine Pause gönnte. Allerdings zählte man damals die Wochentage im jüdischen Glauben anders durch als heute weltweit. Der Sabbat oder auch Schabbat ist der siebte Tag und somit Ruhetag, was im vierten der zehn Gebote des Dekalog, nachdrücklich festgehalten ist (2 Mose 20,8–11). Man bedenke die Wichtigkeit, wenn andere Gebote sich mit Diebstahl, Ehebruch, Mord und Totschlag auseinandersetzen. Der Sabbat ist jedoch eindeutig der Samstag, der englische Saturday, der Saturn-Tag, so, wie ihn schon die alten Griechen und Römer (dies Saturni) benannt hatten. Da sie ihn mit bloßem Auge sehen konnten, legten die Menschen des Altertums mythologische Deutungen in jenen Planeten, der 29 Jahre braucht, um die Sonne einmal zu umrunden. Für die Sumerer war er der „Stern der Sonne“, für die Babylonier der Beständige. Man mutmaßt, dass die Israeliten in ihrem babylonischen Exil im 6. Jh. v. Chr. diese Astronomie kennenlernten und ihren wöchentlichen Ruhetag zur Unterscheidung eines monatlichen babylonischen Ruhetags dann Sabbat nannten, was Ruhepause/Ruhetag bedeutet.

Orthodoxe Juden verrichten auch heute am Sabbat keine Tätigkeiten, die als Arbeit definiert sind. Weniger strenge, reformierte, liberale und progressive Juden beachten die rituellen Vorschriften etwas individueller. Traditionell beginnt die Sabbatfeier am Freitagabend mit dem Sabbatsegen Kiddusch und einem Festmahl. Der Abend beginnt, wenn man in zunehmender Dämmerung einen grauen Wollfaden nicht mehr von einem blauen unterscheiden kann. Eine Parallele: Bei den Moslems beginnen die Feierlichkeiten zum Freitag am Donnerstagabend, wenn man einen schwarzen Faden nicht mehr von einem weißen unterscheiden kann. Der jüdische Sabbat endet mit der hereinbrechenden Dämmerung des Samstags.

Die alte Wortwurzel von Sabbat ist mit einer semitischen Sprache der Sumerer verwandt, wo es das Wort sibbitim für der siebte und das Wort sa-pattu für den Vollmondstag gibt. In Mesopotamien hat man möglicherweise Voll- oder Neumondtage kultisch begangen, wobei Vollmondzeiten im alten Orient als unheilvoll galten. Historiker verweisen auf eine vorstaatliche Nomadenzeit der Israeliten von 1500 bis 1200 v. Chr., in der es bereits eine Ruhetagspraxis gegeben haben könnte.

In der Vergangenheit haben also die Menschen den Tag, den wir Sonntag nennen, nach abrahamistischer Zählung als Tag 1 gezählt und somit den Samstag als den siebten. Nicht nur in der jüdischen Religion, sondern auch in der protestantischen Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten gilt der siebte Tag als Feiertag. Heute ist bei uns in der üblichen Tagezählweise ebenfalls der siebte Tag der freie Tag, allerdings ist dies bekanntermaßen der Sonntag, der Sonnen-Tag, bei praktizierenden Christen der klassische Tag des Gottesdienstbesuchs.

Der Samstag gilt als Werktag

Eine gängige Erklärung lautet, dass Jesus an einem Sonntag auferstanden ist und deshalb der Sonntag als Ruhe- und Feiertag eingeführt wurde. Eine etwas weiter greifende Betrachtung bringt den Apostel Paulus ins Spiel, der zur bewussten Unterscheidung gegenüber allen heidnischen Glaubensformen und der jüdischen Religion den Sabbat ignorierte und den Sonntag als freien Tag festsetzte.

Den allgemein üblichen Zählbeginn der Tage in der Woche mit dem Montag stellte 1975 die Internationale Organisation für Normung (ISO) mit Sitz in Genf als Empfehlung auf. Im deutschen Arbeitszeitgesetz beginnt die Woche am Montag um 0.00 Uhr und endet am Sonntag um 24.00 Uhr. Der Samstag gilt als Werktag, auch wenn er in den meisten Berufen des Gewerbes und Handwerks kein Arbeitstag mehr ist. In den USA, Kanada und Japan fängt die Woche mit dem Sonntag an.

Im Buddhismus gibt es keinen Siebentagerhythmus. In der Tradition des Therevada-Buddhismus begeht man stattdessen den Uposatha, einen Feiertag der inneren Einkehr, der sich an Mondphasen orientierte. Uposatha finden heute jedoch aus praktischen Gründen an Wochenenden statt, wie sie in der westlichen Welt getaktet sind.

In den Ländern Indien, Nepal und Bali, wo der Hinduismus als drittgrößte Religion der Erde mit 900 Millionen Anhängern stark verbreitet ist, pflegt man beispielsweise den Samstag als arbeitsfreien Tag, also das Sabbatmodell. Die hinduistische Gottheit Shani symbolisiert in der Hindu-Astrologie einen von neun personifizierten Himmelskörpern und manifestiert sich im Planeten Saturn. Shani ist – siehe da – in der Reihe der Gottheiten immer als siebte dargestellt.

 
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