Manchmal klingt Ian Gillan wie ein alter Mann. „Das ist so eine bizarre Phase gerade“, sagt der Sänger der Rockband Deep Purple etwa über Smartphones, die seine Fans ihm in Konzerten entgegenhalten. „Ein Bild zu machen, ist wichtiger als das Ereignis.“ Er halte es beim Komponieren ja mit Stift und Notizbuch, soziale Netzwerke seien nichts für ihn. Gillan wird am Mittwoch (19. August) 70. Aber meistens klingt er gar nicht nach Rockopa, sondern nach Vollblutmusiker, der Spaß an jedem seiner Konzerte hat.
„Immer beim Mittagessen kommt das Lampenfieber“, sagt der Sänger, der seit 1962 auf der Bühne steht und nach eigenen Angaben alleine im vergangenen Jahr in 54 Ländern gespielt hat. Schließlich wisse er nie, was ihn erwarte. Eines könnte er allerdings wissen: Kein Konzert endet, ohne dass er und seine vier Kollegen „Smoke on the Water“ gespielt haben und damit eines der bekanntesten Gitarrenriffs der Rockgeschichte.
Wie sehr nervt das? „Es ist ein Segen, ich bin dem Lied dankbar“, sagt Gillan, der statt Rockermähne längst kurze graue Haare trägt. Und erzählt, wie er mit Luciano Pavarotti gearbeitet habe, der ganz neidisch gewesen sei, weil „Smoke on the Water“ jedes Mal ein bisschen anders klingt, auch nach Jahrzehnten. „Wenn er nur eine Note einer Arie geändert hätte, dann hätten die Leute ihn kreuzigen wollen. Wir improvisieren viel. Sonst hätte ich vor Jahren hingeschmissen. Ich langweile mich schnell.“
Dazu hatte er nicht viel Gelegenheit. 1969 seine Band Episode Six zu verlassen und zu Deep Purple zu gehen, sei die beste Entscheidung seines Lebens gewesen, sagt der Londoner, der in einfachen Verhältnissen in einer sehr musikalischen Familie aufwuchs. „Es war auch die einzige Entscheidung, alles andere ist einfach passiert.“ Dazu zählt er wohl auch den Abschied von der Band 1973, die Solokarriere, die Rolle als Jesus in Andrew Lloyd Webbers Rockoper „Jesus Christ Superstar“, das Jahr bei Black Sabbath und die zwei Wiedervereinigungen mit Deep Purple.
Gibt es auch etwas zu bedauern? Gillan muss überlegen. „Ich wollte mal jemanden schlagen und habe es nicht gemacht“, sagt er, und ergänzt lachend: „Es war nicht Ritchie Blackmore.“ Dass er und der Gitarrist sich nicht leiden können, ist kein Geheimnis. „Wir sind beide sehr willensstark“, sagte Blackmore einmal über seinen besten Feind. Gillan habe viel getrunken und wenig Musik gemacht, bevor er 1989 vorübergehend aus der Band geflogen sei.
Ende August gehen Deep Purple auf eine Europatour, die auch nach Deutschland führt. „Deutschland ist eines meiner geistigen Heimatländer“, verrät der Sänger. Vor Deep Purple, „in prähistorischer Zeit“, habe er viel in Frankfurt, Hamburg, München und Köln gespielt. Von damals sind ihm noch Freunde geblieben und ein paar Brocken Deutsch: „Meine Vermieterin in Köln wollte die Schlüssel nicht rausrücken, bis ich sagen konnte: Kann ich bitte den Schlüssel für den Tür haben?“