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FRANKFURT
Das Städel wächst in den virtuellen Raum
Darunter steckt Kunst: Besucher auf den erleuchteten Oberlichtern des Frankfurter Städel.
Foto: Boris Roessler, dpa / Städel | Darunter steckt Kunst: Besucher auf den erleuchteten Oberlichtern des Frankfurter Städel.
dpa
 |  aktualisiert: 05.03.2015 17:30 Uhr

Es war in Deutschland das erste Museum, das ein Privatmann gründete, alle anderen Kunstsammlungen gehörten seinerzeit Fürsten oder Königen. Jetzt feiert das Frankfurter Städel 200. Geburtstag. Und das Haus ist noch immer für Innovationen gut: Um für die nächsten 200 Jahre gerüstet zu sein, will das Museum die virtuelle Welt erobern.

Am 15. März feiert das Museum mit einem Bürgerfest sein Jubiläum. An diesem Tag vor 200 Jahren unterzeichnete Johann Friedrich Städel (1728 bis 1816) sein Testament. „Im Namen Gottes“ vermachte er sein Vermögen und seine Kunstsammlung einer nach ihm benannten Stiftung. 1,3 Millionen Gulden hinterließ der unverheiratete und kinderlose Gewürzhändler und Bankier, ein riesiges Vermögen, nur zwei Frankfurter waren seinerzeit reicher als er.

Sein Kunstbesitz nahm sich im Vergleich zum heutigen Umfang der Sammlung bescheiden aus: 470 Gemälde und 15 000 Zeichnungen und Grafiken hatte der Kunstliebhaber zusammengetragen – heute besitzt das Städel nach eigenen Angaben 3000 Gemälde, 100 000 Papierarbeiten, 600 Skulpturen und 4000 Fotografien.

Zu Städels Lebzeiten hingen die Bilder – dicht an dicht vom Boden bis unter die Decke – in seinem Wohn- und Geschäftshaus am Rossmarkt. Gäste führte der Hausherr persönlich umher, zum Beispiel die Mutter des Philosophen Arthur Schopenhauer, die 1816 berichtete, „wie seine vorzüglichsten Gemälde ihn wieder zu verjüngen schienen“.

Als die Sammlung noch ein Privatmuseum war, hatte „das Städel“ 400 Quadratmeter Ausstellungsfläche – heute sind es 7600. Zuletzt kam ein unterirdischer Erweiterungsbau dazu, der Platz schuf für die Gegenwartskunst. Städel-Direktor Max Hollein ist stolz darauf, dass sein Haus „einen lückenlosen Überblick über 700 Jahre europäische Kunstgeschichte“ gibt.

Ein Degas zum Geburtstag

Geburtstagsgeschenke sind schon eingetroffen: das Gemälde „Himmelfahrt Mariens“ des Barockmalers Guido Reni und eine Aktstudie von Edgar Degas. Das eine stammt aus einer Spendenaktion, das andere stiftete eine Mäzenin. Seinen Besuchern – 2014 kamen rund 424 000 Menschen – bietet das Städel im Jubiläumsjahr besonders viele Sonderausstellungen: etwa über Claude Monet und die Impressionisten (ab 11. März – siehe Kasten).

Die eigentliche Jubiläumsausstellung beginnt am 7. Oktober. Bei „Dialog der Meisterwerke. Hoher Besuch zum Jubiläum“ werden Kunstwerke der eigenen Sammlung Meisterwerken anderer Häuser gegenüberstellt. Einen Vorgeschmack gibt es das ganze Jahr über im Treppenaufgang, wo die „Jubiläumswand“ 1815 und 2015 gegenüberstellt.

Das Städel gilt als Vorreiter im Umgang mit den neuen Medien. Zehntausende lesen den Städel-Blog, Hunderttausende schauen die Ausstellungsfilme auf Youtube, auf Facebook hat das Städel 25 000 Likes und auf Twitter 10 000 Follower. Seit Februar kann man im Museum kostenlos mit dem Smartphone ins Internet – zum Beispiel, um die neue Städel-App herunterzuladen.

Das Städel zog mehrfach um, wurde umgebaut, renoviert und erweitert. Ein weiterer Anbau ist in den nächsten Jahren nicht geplant – die Erweiterung finde im virtuellen Raum statt, erklärt Hollein. Im Jubiläumsjahr hat er angekündigt, „das Erlebnis Museumsbesuch völlig neu zu definieren“. Bald soll der Besucher zu Hause durch eine digitale Exponate-Plattform schlendern können. Es gibt kunstdidaktische Computerspiele für Kinder. Museumsbesucher können sich in Online-Kursen auf Ausstellungen vorbereiten.

„Museen und digitale Medien passen sehr gut zusammen, so wie auch ein Ausstellungskatalog zu einem Museum passt, aber nicht den Besuch obsolet macht“, sagte Hollein. „Ein Museum ist mehr als ein Ort, an dem Kunstwerke aufbewahrt und ausgestellt werden. Wir betrachten das Museum als Aufgabe: als kulturellen Bildungs- und Vermittlungsauftrag. Und hier ist die Nutzung der technologischen Entwicklungen eine große Chance.“

Jubiläumsausstellungen

Jean-Jacques de Boissieu, ein Zeitgenosse Städels; bis 10. Mai 2015, Graphische Sammlung

Monet und die Geburt des Impressionismus; 11. März bis 21. Juni, Ausstellungshaus

William Hogarth; 10. Juni bis 6. September, Ausstellungshalle der Graphischen Sammlung

Die 80er. Figurative Malerei in der BRD; 22. Juli bis 18. Oktober, Ausstellungshaus

Dialog der Meisterwerke. Hoher Besuch zum Jubiläum. 7. Oktober 2015 bis 24. Januar 2016, Ausstellungshalle der Graphischen Sammlung

John Baldessari; 5. November 2015 bis 24. Januar 2016, Ausstellungshaus

Goethe in der Campagna: Das Werk von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein ist eines der bekanntesten Bilder, die im Städel zu sehen sind.
| Goethe in der Campagna: Das Werk von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein ist eines der bekanntesten Bilder, die im Städel zu sehen sind.
 
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