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BRONNBACH
Das lauthalse Wiehern der Eva Mattes
Eva Mattes       -  Eva Mattes
Foto: dpa | Eva Mattes
reda
 |  aktualisiert: 14.06.2015 13:07 Uhr

Hatte sie tatsächlich gewiehert? Ja, Eva Mattes hatte nach der zweiten Zugabe, einem furiosen Stück chinesischer Musik namens „Pferderennen“, lauthals gewiehert. Es war zwar Tier-thematisch passend: Aber vor allem war es der pure Ausdruck der Freude über einen Abend, der verhalten begonnen hatte, dann freudvoller wurde – und allseits begeistert ausklang.

Zum siebten Mal fand im Bernhardsaal des Klosters Bronnbach eine musikalisch-literarische Mozartfest-Rezitation statt. Senta Berger, Ulrich Noethen und Herbert Feuerstein, Corinna Harfouch und Christine Neubauer waren deswegen schon in der schattigsten Engstelle des Taubertales zu Gast, professioneller und anspruchsvoller als diesmal war?s indes nie. Gaben sich anfangs bei dem Anlass die Provinzfürsten und Lokalpromis ein Stelldichein, um sich selbst zu feiern, ist die Veranstaltung nun ein hochseriöser Außenbestandteil des Würzburger Mozartfestes – und vergleicht man das Programm Christine Neubauers von 2012 mit dem, was Kollegin Mattes bestritt, war?s bei der Neubauer intellektuell ein Klacks.

Für „Die Reisen des Marco Polo oder Nichts über China“ musste sich Intendantin Evelyn Meining gegenüber den 300 Zuhörern fast rechtfertigen, weil daran so gar nichts nach Mozart klang und keinerlei Mozart bot – sie versuchte es charmant: In seinem knapp 36-jährigen Leben sei Mozart „insgesamt zehn Jahre und acht Monate auf Reisen gewesen, die ihm ein steter Bildungsdrang waren“, sagte sie: „Von daher dürfen wir doch mal eine Traumreise ins Exotische unternehmen!“

Und exotisch war es fürwahr. Mit feiner Erzählerstimme, eine Weile lang vielleicht zu distanziert, berichtete die aus Tegernsee stammende, vor allem als Bodensee-„Tatort“-Kommissarin Klara Blum bekannte Schauspielerin über Hirschen, die nach Moschus duften. Sie las von Zauberern, die 10 000 Gefäße voller Stutenmilch hochheben, ohne sie zu berühren, und „unvorstellbar großen Tieren mit drei Faltenkrallen, größer als ein Brotlaib die Augen“. Es ging um die Vermählung eines toten Mädchens mit einem toten Knaben, um Schachbauern, die für immer tot das Feld verlassen, und um unvorstellbare Kälte, wenn die Frauen mit den Schenkelhaaren an den Grashalmen anfrieren. Die Texte waren eine Mischung aus Marco-Polo-Schriften über China und die Mongolei des 13. Jahrhunderts, dazu etwas Bertolt Brecht und Karl Valentin, undefinierbar viel Karl Valentin.

Natürlich bedurfte die wirr-krude Mischung einer zusammenhaltender Spange – als solche wusste sich die Berliner Lautten Compagney mit ihrer spätmittelalterlich-frühbarocken Musik des 17. Jahrhunderts in der Klosteranlage des 12. Jahrhunderts hübsch in Szene zu setzen. Doch dass die Klänge so richtig unerwartet spannend waren, lag am extra eingeflogenen Chinesen Wu Wei, dem heimlichen Star des Abends auf der Sheng. Es hatte Stil, wie betörend er mit seiner Original-Mundorgel den Frühbarock aufpeppte, und überraschte harmonisch gewaltig.

So entwickelten die zwei Damen und vier Herren der Compagney besonderen Spaß an der Freud: Peter A. Bauer zum Beispiel, der Perkussionist, der ebenso als sprechendes Gespenst gefordert war, schepperte dazwischen, sobald die Texte martialischer wurden – herrlich herzlich. Entsprechend geriet der Beifall, wobei eines klar war: Ohne das Mozartfest-Etikett und den Promifaktor Eva Mattes hätte solch ein Konzert wahrscheinlich nicht die Bohne interessiert.

 
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