
Kennt noch jemand – die Frage passt bei Elton-John-Besuchern ja generationsmäßig, pardon! – das Zeitgeistmagazin „Tempo“ aus den achtziger Jahren? 1987 stand dort zu lesen: „Nur von wenigen Musikern lässt sich ein derart umfangreicher CD-Katalog wie von ihm in den Schrank stellen, zumal sich auch die hartgesottensten Johnologen nie über seine definitiv beste Scheibe einig werden.“
Nochmal: Ein Vierteljahrhundert ist das her – und „Tempo“ selbst dem Zeitgeist anheimgefallen. Doch künstlerisch hat sich an der Kernaussage nichts verändert. Denn nur eine Handvoll auserlesener Musiker der Berühmtheitskategorie Rolling Stones oder Paul McCartney könnten darauf vertrauen, 15 Jahre nach ihrem letzten bedeutenderen Erfolgstitel („Candle In The Wind“ für Lady Di, aber das Original war von 1974!) knapp 9000 Menschen zu locken.
Bloß noch ein paar mehr, nämlich 11 000, waren es am 14. Juli 2001 beim ersten Elton-John-Auftritt vor der Würzburger Residenz gewesen. Und sollte der seine Abschiedsaussage vom Samstagabend umsetzen („See you in another eleven years!“), dürften es in elf Jahren am 14. Juli 2023 wiederum eher 11 000 als knapp 9000 Besucher werden: Den meisten Gästen, die den Briten (der dann schon 76 Jahre alt wäre) nunmehr zweimal erlebt haben, hat es diesmal deutlich besser gefallen als im Jahre 2001.
Ab „Nikita“ wippt das Stadtoberhaupt mit
Bloß Würzburgs Oberbürgermeister Georg Rosenthal, damals noch nicht Stadtoberhaupt, hielt sich in der ersten Hälfte, zum Beispiel bei „Goodbye Yellow Brick Road“, auf seinem Platz in der fünften Reihe von Block B 2 die Ohren zu. „Ich saß ja direkt vor dem Lautsprecher“, stellte er zu seiner Ehrenrettung berechtigterweise klar, „und aus dem wummerten die Bässe gewaltig.“ Rosenthal war sehr, sehr angetan vom Konzert – und zeigte eine Begeisterung, die man von ihm ansonsten allenfalls bei den Heimspielen der Würzburger Baskets sieht: Spätestens ab „Nikita“ erhob er sich und überließ nicht mehr nur Gattin Hanna das alleinige Tanzen und Mitwippen.
Ganz junge Gesichter waren im Publikum mit ein paar wenigen Ausnahmen nicht auszumachen – Elton John ist natürlich ein Fall für die gehobene Mittelklasse aufwärts. Auch deshalb war sein Gastspiel pöbelfrei, gab es keinerlei störende Nebengeräusche oder verschärfte Einsätze für die Rettungs- und Hilfskräfte vor Ort.
Wer die gelöste Stimmung am Samstagabend miterlebte, an dem wider Erwarten sogar die Sonne noch plötzlich mitspielte und punktgenau den Regen und Wind des Wochenendes vertrieb, der freut sich auf neue weitere Konzerte vor der prächtigen Kulisse der Residenz. Einem Jagger oder McCartney, siehe oben, würde deren Anblick sicher ebenfalls gefallen. Für die Region, in der eine bessere Konzertstätte nach wie vor fehlt, wär's nur ein Gewinn.