Wer im Sommerurlaub zu Hause bleibt oder mal eben für ein Wochenende an die Nordsee fährt, sollte einen Museumsbesuch in Köln einplanen. Dort gibt es eine Ausstellung mit nahezu 100 Gemälden, die man sich einfach unter dem Gesichtspunkt ansehen kann, dass das Schöne oft sehr nah liegt. „Liebermann, Corinth, Slevogt – Die Landschaften“ heißt die Schau, die im Wallraf-Richartz-Museum noch bis 1. August zu sehen ist und als Leihgaben auch zwei Werke Liebermanns aus dem Museum Georg Schäfer in Schweinfurt und der Sammlung Würth in Künzelsau zeigt.
Max Liebermann (1847-1935), Lovis Corinth (1858-1925) und Max Slevogt (1868-1932) – nicht nur in Köln nennt man sie das „Dreigestirn des deutschen Impressionismus“. Gegenüber den Landschaftsmalern der Romantik haben sie den entscheidenden Vorteil, dass man bei ihnen keine versteckten Botschaften suchen muss. Kein Abendstern, der für die Auferstehung steht. Nein, einfach nur Landschaften. Erholsam! Man kann sich davor stellen und „schön“ sagen, und niemand belehrt einen darüber, dass das nicht die richtige Herangehensweise ist. Ebenso erübrigt sich die Frage, was der Künstler uns damit sagen wollte. Er wollte nur sagen: „Guck mal, schöne Stimmung, gell?“
Was gibt es etwa Schöneres als einen warmen Sommertag im Biergarten? Max Liebermann hat diese Stimmung so wunderbar eingefangen, dass seine Bilder sofort verschüttete Erinnerungen wachrufen. Alte Bäume, durch deren dichtes Laub die Sonnenstrahlen brechen. Erwachsene vor schweren Bierkrügen, unter den Tischen krabbelnde Kleinkinder. Stimmengewirr und Gläserkirren. Unbeschwerte Nachmittage im Ausflugslokal oder an der elterlichen Kaffeetafel im Garten sind da plötzlich wieder präsent. Die Landschaften von Liebermann, Corinth und Slevogt waren Gelegenheitsarbeiten. Sie malten sie im Urlaub, entsprechend dominieren Dampfer und Segelboote, Strandkörbe und Sonnenschirme, Gipfel und Bergseen. Den Bildern kommt zugute, dass man sich damals im Urlaub noch nicht auszog. Wer all diese Strohhüte und wehenden Damenkleider betrachtet, will am Strand sofort wieder Bekleidungszwang einführen. Bei Liebermann sind die Bildtitel eine Auflistung seiner Urlaubsziele: Scheveningen, Noordwijk, Katwijk, dazu Freibäder und der Amsterdamer Zoo. Corinth fand seine Motive eher zufällig auf Ausflügen in das Umland von München, später im Sommerurlaub in Oberbayern.
Slevogt schuf seine Werke, wenn er sich im Sommer in seinem Feriendomizil Neukastel in der Pfalz von seiner anstrengenden Arbeit in Berlin erholte. „Der Urlaub war immer vordringlich“, sagt Ausstellungskurator Götz Czymmek. „Erstaunlich ist, was sie aus diesen alltäglichen Motiven herausgeholt haben.“
Urlaub nahmen die Künstler auch von der Politik. Die bewegten Zeiten, in denen sie lebten – Bismarck-Ära und Wilhelminisches Zeitalter – werden nur ganz selten mal sichtbar. So malte Corinth den „Kaisertag in Hamburg“, bezeichnenderweise kein selbst gewähltes Motiv, sondern eine Auftragsarbeit. Der weite Ausblick über die Binnenalster zeigt die Silhouette der Stadt mit schwarz-weiß-roten Reichsfahnen. In einer Gartenlokal-Szene von Liebermann aus 1916 sitzt ein Soldat auf Heimaturlaub mit am Tisch. Aber auch er wirkt seltsam gelöst, nicht wie eine Mahnung daran, dass bald alles zu Ende sein kann. Und richtig so: Im Urlaub muss man leben, als ob man unsterblich wäre.
„Liebermann, Corinth, Slevogt – Die Landschaften“, bis 1.8. im Wallraf-Richartz-Museum, geöffnet: Di bis Fr 10 bis 18 Uhr, Do. 10 bis 22 Uhr, Sa., So., Feiertag 11 bis 18 Uhr.