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WÜRZBURG
Conrad von der Goltz und die Wahl zwischen Pferd und Geige
Von unserer Mitarbeiterin Ursula Dürng
 |  aktualisiert: 23.12.2015 11:56 Uhr

Wann ist der richtige Moment? Wann ist für Conrad von der Goltz „Time to say goodbye“? Der ehemalige Hochschulprofessor für Geige mit Lehrauftrag an der Musikhochschule Würzburg hätte dieser Tage eigentlich zwei Gründe, sich in den längst fälligen Ruhestand zu verabschieden. Am Dienstag, 18. Juni, feiert er seinen 85. Geburtstag, ist über den Eintritt ins Pensionisten-Dasein längst hinaus. Und außerdem kann der hochgelobte Musiker in diesem Jahr auf 50 Jahre Lehrtätigkeit in Würzburg zurückblicken, die 1963 begannen.

„Ich habe hier eine sehr gute Klasse, und auch an der Kirchenmusikhochschule Regensburg sind hochbegabte Schüler“, sinniert der leidenschaftliche Musiker, der immer noch eine Sechstage-Woche absolviert. Seine jungen Geiger haben beim jüngsten Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ zwei erste Plätze belegt, einen zweiten und einen dritten Preis gewonnen. Da fällt es schwer aufzuhören.

Der groß gewachsene Mann, der zu seinen Schülern einen sehr persönlichen Kontakt pflegt, ohne dabei die notwendige Distanz zu vergessen, begleitet sie zu jedem Wettbewerb, zu jeder Ausscheidung quer durch Deutschland. Er unterrichtet die „Pre-College-Klasse“, einen Frühförder-Studiengang mit Schülern zwischen zehn und 18 Jahren, der auf seine Initiative hin gegründet wurde. „Das Niveau war nach dem Krieg viele Jahre schlecht“ erinnert er sich. „Mir war klar: Mit jungen Leuten kann man etwas aufbauen“. Unermüdlich setzt er sich seitdem in zahlreichen Gremien für instrumentale Früh- und Kammermusikförderung ein.

Was 1990 als vom Freistaat Bayern gefördertes Modellprojekt für das Fach Violine begann, konnte schon 1997 als offizieller Studiengang im Studienangebot für alle möglichen Instrumente integriert werden.

Von der Goltz wurde in Berlin geboren. Bei der Frage seines Vaters, ob er reiten oder Geige spielen wolle, entschied sich der damals Achtjährige für das Instrument. Er erhielt Unterricht bei einem Musiker der Berliner Philharmoniker, der „sehr lustig“ war. „Doch offensichtlich habe ich allerlei bei ihm gelernt“, lächelt der Mann mit den klaren blauen Augen. Während des Krieges lebte die Familie in Schweden. „Wir haben da viel Glück gehabt“, weiß er heute und erwähnt die Verwandten, die sich am Hitlerputsch 1944 beteiligten und ihr Engagement mit dem Leben bezahlten.

Conrad von der Goltz, dem die Hochschule für Musik dank seiner Initiativen, seinem Charisma und seiner Persönlichkeit viel zu verdanken, der sich im Laufe der Jahre unkonventionell und immer mit Herzblut für seine Ideen eingesetzt hat, verlangt viel von seinen Schülern. Aber seine Art und Weise, Mensch zu sein, geht weit über die Vermittlung der Instrumental-Lehre hinaus.

Seit er 1963 dem Ruf als Professor an die Hochschule für Musik in Würzburg gefolgt war, zeugen viele erfolgreiche Schüler, die heute als Professoren oder Konzertmeister arbeiten, von seinem Können. Auch sein Sohn Gottfried von der Goltz und die an der Hochschule tätigen Professoren Klaus Lieb, Ernst Triner und Sören Uhde haben bei ihm studiert.

Doch gibt es eine Alternative zur Lehrtätigkeit. Acht Kinder, fünf Söhne und eine Tochter aus seiner Ehe mit der Pianistin Kirsti Hjort, und zwei Töchter aus seiner jetzigen Ehe drängen Conrad von der Goltz, die Familienerinnerungen aufzuschreiben. Denn der Geiger, dessen großes Vorbild Yehudi Menuhin ist, der noch täglich übt, aber seit zehn Jahren keine öffentlichen Konzerte mehr gibt, kann sich noch gut an die Zeit vor Hitler erinnern, an Gespräche als Knabe mit der Großmutter und an viele Altvorderen, an Grafen und Barone aus dem europäischen Hochadel. Was liegt näher, als diesen Schatz aus Erfahrungen, Begegnungen und Zeitgeschichtlichem festzuhalten? Daraus könnte nicht nur für 13 Enkel und einen Urenkel eine berührende, eine spannende Lektüre werden.

 
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