Die Dienstmütze hat ausgedient, das Markenzeichen liegt am Boden. Am Ende des Programms wischt Christian Springer die Kappe seines Fonsi achtlos von der Stirn. Anderthalb Stunden lang hat er da im Würzburger Bockshorn kabarettistisch das Beste gegeben. Hat genörgelt und gemurrt und gegrantelt und ist in der Dienstuniform des Kassenwarts von Schloss Neuschwanstein – eben von Fonsi – die Bühne auf- und abmarschiert. Hat die Welt erklärt, Papst-Witze gemacht und ist über die Volksvertreter hergezogen, die so gar nichts fürs Volk tun. Die nur Angst verbreiten, dann sagen, man soll keine Angst haben, und in den Fernsehtalkshows Probleme einfach auffressen.
Und nach anderthalb Stunden vom formidablen „Jetzt reicht's“ – da fliegt die Dienstmütze aufs Parkett. Springer, der 48-jährige Kabarettist aus München, der einst als Jungkünstler auf dem Nockherberg Hausverbot erteilt bekam und jetzt im BR von Otti Fischer den Schlachthof-Nachfolger übernimmt, spricht über den Krieg, in dem Deutschland offiziell ist und der keinen interessiert. Spricht über Afghanistan, Begräbnisse für erschossene deutsche Soldaten. Und auf der Zither zupft er Queens „No time for Losers“ dazu.
Nicht mehr der kleinbürgerlich-gemütliche Dienstmann mit Aktentasche, der so herzlich schimpfen und Scherze machen kann, steht da auf der Bühne. Sondern Christian Springer, der politische Mensch, der Wütende, der Engagierte. Er holt das Buch heraus, das er vergangenes Jahr geschrieben hat. „Nazi, komm raus! Wie ich dem Massenmörder Alois Brunner in Syrien auf der Spur war“. Da erklärt er, wie er sich als junger Mann in die Idee verbiss, im Orient einen Naziverbrecher zu jagen.
„Er ist der menschlichste aller Kabarettisten“, hat einer mal über Christian Springer geschrieben. Und wohl nicht falsch gelegen dabei. Wo ein Fonsi nur reden und scharfsinnig mit Worten Watschen verteilen würde, da packt sein Erfinder an und setzt sich mit Taten ein wider den Irrsinn. Durch seine vielen Reisen nach Syrien ist der Münchner zum „Orienthelfer“ geworden. Vor zwei Jahren hat er ein Hilfsprojekt gegründet, das syrische Bürgerkriegsflüchtlinge im Libanon unterstützt. Gäb es ein Erdbeben dort, dann gäb's von allen Seiten Hilfe – „aber wir haben dort nur einen Krieg“. Deshalb: Tschüss, Fonsi. In zwei Wochen bricht der „Orienthelfer“ Springer wieder in den Libanon auf.