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Würzburg
Charlie Sexton: Wie das Wunderkind Dylans rechte Hand wurde
Teenie-Schwarm, Stones-Kumpel, Produzent und auf Tour mit Bob Dylan. Der Gitarrist aus Texas hat viel erlebt - und ist dennoch ein geheimer Superstar geblieben.
Charlie Sexton, Bob Dylans Gitarrist.
Foto: Todd V. Wolfson | Charlie Sexton, Bob Dylans Gitarrist.
Markus Rill
Markus Rill
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:19 Uhr

Wenn Bob Dylan am 2. April in der Würzburger s. Oliver-Arena auf die Bühne tritt, wird er von einem Quartett hervorragender Musiker begleitet. Einer der Könner, die im Halbdunkel bleiben, ist der texanische Gitarrist Charlie Sexton. Ein näherer Blick auf die Karriere des 50-Jährigen lohnt sich.

Im Alter von zwei Jahren bekam er seine erste Gitarre, mit drei – so geht die Legende – spielte er bereits „Love Me Tender“ unterm Weihnachtsbaum. Der 1968 in San Antonio geborene Charlie Sexton war ein Frühreifer, ein Wunderkind, dem schon bald eine ganz große Karriere prognostiziert wurde. Mittlerweile hat der Mann hochgelobte Platten veröffentlicht, in Oscar-prämierten Filmen mitgespielt, war mit Bowie und Clapton auf Tour und ist seit Jahren die rechte Hand von Bob Dylan – durchaus ein respektabler Lebenslauf. Doch in seinen 35 Jahren im Musik-Business ist Sexton nur einige Male kurz in den Blick der Öffentlichkeit geraten – wer geblinzelt hat, hat ihn womöglich verpasst und noch nie von ihm gehört. Der Musiker weiß, was er kann, aber er drängt sich nicht nach vorn. Wohler fühlt er sich im Schatten.

Als Wunderkind ins Rampenlicht

Als er ein Teenager war, schubsten ihn andere ins Rampenlicht. Sexton wehrte sich damals nicht. Bluesgitarrenlegende Stevie Ray Vaughan war sein Babysitter und merkte schnell, dass der junge Bursche großes Talent hatte. „Ich sah Stevie jede Woche und wir spielten zusammen Gitarre.“ Stevie Ray und sein Bruder Jimmie Vaughan von den Fabulous Thunderbirds holten Charlie und seinen jüngeren Bruder Will bereits als Teenies auf die Bühnen von Austin, Texas. „Ich war vielleicht zwölf Jahre alt und Stevie holte mich nachts um 1 auf die Bühne und drückte mir seine Gitarre in die Hand“, erzählte Sexton dem Magazin MusicRadar. Er machte seine Sache gut. Bald stellte ihn Impresario Clifford Antone allen Assen, die im legendären Blues-Club „Antone’s“ auftraten als Gastgitarrist an die Seite. Mit 13 oder 14 spielte Sexton zum ersten Mal mit B.B. King.

Mit 15 unterschrieb er seinen ersten Plattenvertrag. Die Plattenfirma ermöglichte es dem Gitarren-Jüngling, Rolling Stone Ronnie Wood zu treffen. „Woody und ich arbeiteten gemeinsam an einem Film-Soundtrack.“ Keith Richards kam dazu, die zwei Superstars und der Jungspund wurden Kumpels und machten miteinander fulminante Musik. „Wir haben gemeinsam auf Ronnies Soloplatte gespielt. Dabei habe ich auch Bob Dylan das erste Mal getroffen – er kam im Studio vorbei“, so Sexton im MusicRadar-Interview.

Teenie-Idol statt Rockstar

Doch die Plattenfirma wollte den gutaussehenden jungen Mann nicht als Blues- oder Rockmusiker, sondern als Popstar. Mit Lackhosen, Mascara und auftoupierten Haaren sowie den Songs „Impressed“ und „Beat’s So Lonely“ gelangen Sexton 1985 zwei mittelgroße Hits. Die Mischung aus Gitarren und Synthie-Sounds, aus Teenie-Idol und authentischem Bluesmann aber war auf Dauer nicht tragfähig. Die Plattenfirma wurde hin und her verkauft, Sextons zweite Platte - immerhin mit Bryan Adams als Gastsänger – ging unter, sein Vertrag lief aus.

Musikalisch wurde der junge Mann nun erwachsen. Wer in im Film "Thelma & Louise" genau hinschaut, sieht den Texaner als Barmusiker im Hintergrund während die Hauptdarstellerinnen Line Dance tanzen und von Brad Pitt becirct werden.

Sexton trat in Stevie Ray Vaughans Fußstapfen: Zunächst als Gitarrist, der mit David Bowie auftrat, und nach Vaughans Tod bei einem Hubschrauberabsturz gar als Frontmann von dessen Rhythmusgruppe. Texas-Kumpel Doyle Bramhall II komplettierte die Arc Angels, die – produziert von Springsteen-Sideman Little Steven – das nächste große Rock- & Bluesding werden sollten. Bramhalls Drogensucht durchkreuzte diese Pläne. Seitdem hat Sexton offensichtlich genug davon, dem ganz großen Ruhm hinterherzurennen.

Musik nicht für die Massen

1995 veröffentlichte er „Under The Wishing Tree“. Das Album mit atmosphärischen Songs, auf denen Sexton neben Gitarren und Gesang, Bass, Schlagzeug, Cello, Mandoline und mehr spielte, zielte nicht auf den Massengeschmack. Das düstere Werk und das Charlie Sexton Sextet blieben Insidertipps.

Verheiratet und als junger Familienvater gab Sexton 1999 dem Werben Bob Dylans nach und schloss sich dessen Band an. Dreieinhalb Jahre später stieg er wieder aus, verdingte sich als Produzent für Grammy-Gewinnerin Lucinda Williams, Edie Brickell und zahlreiche andere. 2005 veröffentlichte er „Cruel And Gentle Things“, ein hinreißendes, bewegendes, erwachsenes Album. Als Mittdreißiger war ihm aber klar, dass der große Durchbruch nicht mehr kommen würde. „Ich mag diese Mischung aus eigenen Projekten und dem Arbeiten für andere. Aber ich bin ein kleines bisschen enttäuscht von mir selbst, dass ich erst so wenige eigene Platten gemacht habe.“ Immerhin konnte er sich nun leisten, nur noch das zu tun, wozu er Lust hatte. Zwischen 2009 und 2012 hatte er immer wieder mal Lust, mit Dylan zu spielen.

Im Langzeit-Filmprojekt „Boyhood“ des texanischen Regisseurs Richard Linklater spielte er den Musikerkumpel von Ethan Hawke. Als Hawke im vergangenen Jahr für seinen Film „Blaze“ die Rolle des Songpoeten Townes van Zandt zu vergeben hatte, war Sexton seine erste Wahl.

Die Arbeit spricht für sich

Mittlerweile ist der Texaner geschieden und grauhaarig. Für Levi’s war er vergangenes Jahr dennoch Jeanshosen-Model. Bereits 2016 erzählte Sexton, dass er ein neues eigenes Album plant. „Darauf wird’s Blues geben, Pop, Country, Folk und mehr. Aber einen Zeitplan dafür habe ich nicht“, sagt er lachend. Erschienen ist es noch nicht, der Perfektionist lässt sich Zeit.

Auf der Bühne aber ist Charlie Sexton spontan. Mit Bob Dylan spielt er seit 2013 wieder fest und ohne Unterbrechung und wurde zum wichtigsten Bezugspunkt des Meisters auf der Bühne. Es lohnt sich hinzuhören, wie der Gitarrist Dylans Pianofiguren erwidert und entwickelt, wie er mit seinen Sounds die Atmosphäre der Songs entscheidend prägt.

Sexton redet nicht gern über die Arbeit mit Dylan. Da liegt er mit dem Songschreiber-Genie auf einer Wellenlänge – die Arbeit soll für sich sprechen. Starrummel steht da nur im Weg. So gesehen hat Sexton heute genau die Karriere, die er sich wünscht.

Karten für das Konzert am Dienstag, 2. April 2019, 20 Uhr, in der s.Oliver-Arena Würzburg unter Tel.: (0931) 6001 6000 und in unseren Geschäftsstellen in Würzburg, Schweinfurt, Haßfurt und Bad Neustadt.

 
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